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Nationale Bildungsstrategie: Auf der Suche nach einem Schulsystem, das allen gerecht wird

16 Länder, 16 Schulsysteme? Das kann nicht die Lösung für die deutschen Bildungsprobleme sein, glauben Experten, die bei der Friedrich-Ebert-Stiftung über eine "nationale Bildungsstrategie" diskutierten.

Tausend Blumen blühen im deutschen Bildungsgarten. In manchen Bundesländern entscheiden die Eltern, ob ihr Kind aufs Gymnasium kommt, in anderen entscheidet der Durchschnitt des Grundschulzeugnisses darüber. In manchen Ländern sind viele Schüler auf der Förderschule, in anderen nur wenige. Was hier „Ganztagsschule“ heißt, erfüllt dort die Definition nicht.

Vielfalt statt Uniformität: Das könnte bedeuten, dass das Bildungswesen genau an die Bedürfnisse der Region und ihrer Einwohner angepasst ist. Das aber kann Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums für Sozialforschung Berlin, nicht erkennen. Stattdessen führe der „Gemüsegarten“ zu Verstößen gegen das Grundgesetz: „Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ist nicht mehr gewahrt“, sagte Allmendinger am gestrigen Montag in der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. Dort diskutierten Fachleute über eine „Nationale Bildungsstrategie“, für die die SPD das Kooperationsverbot kippen will.

Die Vorstellung, die Länder stünden mit ihren Bildungssystemen in einem „Wettbewerb“, der dazu führt, dass die besten Strategien schließlich auf die gesamte Republik übertragen werden, hält Allmendinger für „absurd“: Die „Kunden“ dieses vermeintlichen „Marktes“, nämlich Eltern und Schüler, seien nämlich nicht mobil: Sie könnten nicht einfach die Schule oder ihr Bundesland wechseln. Darum hingen Lebenschancen durch Bildung entscheidend vom Wohnort ab.

Allmendinger wünscht sich einen Nationalen Bildungsrat, der allerdings mehr Kompetenzen haben sollte als sein Vorbild, der Wissenschaftsrat. Einen Zentralismus, in dem der Bund tief in die Schule hineinregieren würde, lehnt sie aber ab. Der Bund müsse mit den Ländern und Kommunen einen „verbindlichen Rahmen“ verabreden, die Kompetenzen zur Ausgestaltung müssten auf Kommunen und Schulen verlagert werden.

So denkt auch Marianne Demmer, die stellvertretende GEW-Vorsitzende, und schlägt einen „Bildungsartikel“ im Grundgesetz vor. Die KMK solle ihre Beschlüsse nicht mehr einstimmig, sondern mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit fassen: „Die KMK hat die Macht zu blockieren, aber nicht die Macht, Entwicklungen voranzubringen“, kritisierte Demmer. Sie wünscht sich auch mächtigere KMK-Präsidenten. Der Posten könne mit einer Persönlichkeit jenseits der Reihen der Kultusminister besetzt werden, die für vier Jahre gewählt wäre. Denkbar sei auch das Schweizer Vorbild. Dort darf der Bund entscheiden, wenn die Kantone sich nicht einigen können.

Rolf Wernstedt, einst Kultusminister in Niedersachsen, betonte, dass die Einschränkung der Bildungshoheit der Länder keine Kleinigkeit sei. Schließlich sei sie das Kernstück ihrer Eigenstaatlichkeit: „Allerdings sollten wir 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ruhig wieder darüber nachdenken, wer wir eigentlich sind“, sagte Wernstedt.

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