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Nationales Stipendiensystem: "Stipendiaten nicht nur nach Noten wählen"

Der Stifterverband fordert soziale Kriterien bei der Auswahl der Studierenden für das neue Nationale Stipendiensystem - auch Migranten und Kinder von Eltern ohne Hochschulabschluss sollten eine faire Chance haben.

Studierende sollen bei dem von der Bundesregierung geplanten nationalen Stipendiensystem nicht nur nach Leistungsaspekten gefördert werden, sondern auch nach sozialen Kriterien – das fordert der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Anders als von CDU und FDP vorgesehen, sollten „bei der Auswahl der Stipendiaten nicht nur Noten zählen“, sagte Andreas Schlüter, Generalsekretär des Stifterverbandes, am Donnerstag in Berlin.

Vielmehr müssten auch Kinder von Migranten oder von Eltern ohne Hochschulbildung Chancen auf ein Stipendium haben – bildungsferne Schichten, die bisher wenig Unterstützung erhielten. Nur so könnten „Defizite der bisherigen öffentlichen Begabtenförderung“ ausgeglichen werden, die vor allem Studierende „aus akademischen Besserverdiener-Haushalten“ zugute kämen. Genauso sollten Bewerber bei der Auswahl Pluspunkte bekommen, wenn sie sich sozial engagierten. Verbandspräsident Arend Oetker sagte, es sei ureigenes Interesse der Wirtschaft, dass in Deutschland „mehr Begabungspotenziale“ ausgeschöpft würden. Der Stifterverband ist eine Organisation der Wirtschaft, um Unternehmen zu Spenden für die Wissenschaft zu bewegen.

Unlängst wies erst eine Studie nach, dass Stipendien der Begabtenförderungswerke in großen Teilen an Studierende aus Akademiker-Haushalten gehen. Die Bundesregierung strebt an, dass acht Prozent der Studierenden eines der neuen Stipendien erhalten. Die Höhe soll 300 Euro betragen, die Mittel sollen sich die öffentliche Hand und die Wirtschaft teilen.

Könnte sich die Wirtschaft verweigern, sollte die Bundesregierung eine Auswahl auch nach sozialen Kriterien ablehnen? Nein, sagte Schlüter. Prinzipiell sei das Stipendiensystem „sehr sinnvoll“ – solange das Bafög nicht darunter leide. Der Stifterverband setze sich auch für „individuelle Gestaltungswünsche“ der Stipendienstifter ein. Unternehmen und private Geldgeber müssten Studienfächer für die von ihnen gespendeten Stipendien auswählen dürfen und an der Auswahl der Stipendiaten beteiligt sein. Befürchtungen, in ärmeren Bundesländern könnten sich nicht genug Geldgeber finden, teile er nicht, sagte Schlüter. Größere Firmen würden sicher nicht nur für Hochschulen an ihrem Stammsitz Stipendien ausloben, sondern bundesweit Studierende suchen, die für die Firma interessante Fächer belegen.

Trotz der Finanzkrise würden deutsche Unternehmen konstant in Forschung und Entwicklung (F&E) investieren, sagte Oetker. 2009 lagen die F&E-Aufwendungen der Wirtschaft wie im Jahr zuvor bei 57,3 Milliarden Euro. Davon flossen 2,4 Milliarden Euro direkt an Unis und Forschungsinstitute. Der Stifterverband nahm im vergangenen Jahr 31,4 Millionen Euro an Spenden ein, ein Minus von einer Million. Der Wert aller vom Verband verwalteten Stiftungen nahm 2009 gegen den Trend um 7,5 Prozent zu und liegt bei 2,1 Milliarden Euro. US-Stiftungen mussten dagegen teils dramatische Verluste hinnehmen. Gleichwohl ist allein Harvards Stiftungsvermögen immer noch gut zehnmal so hoch wie der Wert aller vom Stifterverband betreuten Stiftungen zusammen.

Tilmann Warnecke

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