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Gefährlich. Das Coronavirus Mers dringt in verschiedene Zellarten tief in der Lunge ein. So verursacht es bei den Patienten schwere Entzündungen und akute Atemnot.

© NIAID RML

Neues Coronavirus: Mers und die Massen

Millionen Menschen pilgern während des Ramadan nach Mekka und Medina. Derweil beraten 15 Experten die Weltgesundheitsorganisation, ob Mers auf der Arabischen Halbinsel einen internationalen Notfall auslösen könnte.

Er war einer der ersten Patienten, die sich mit dem neuen Coronavirus Mers angesteckt hatten. Bereits im September wurde der 49-jährige Mann aus Katar mit Nierenversagen und akuter Atemnot in ein Londoner Krankenhaus eingeliefert. Dort schwebte er monatelang zwischen Leben und Tod. Ende letzter Woche starb er. Damit erhöhte sich die Zahl der Mers-Toten auf 45. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) weiß bisher von 80 Menschen, die sich nachweislich mit dem neuen Virus infiziert haben und zum Teil schwere Lungenentzündungen bekamen. Die Sterblichkeitsrate liegt derzeit bei 54 Prozent. Allerdings ist unbekannt, wie viele milde Fälle es gibt. Manche Patienten bekamen nur eine Art Erkältung.

Zwei Szenarien seien möglich, teilte die WHO am Dienstag mit: Entweder stecken sich Menschen bei einer noch unbekannten Tierart an, so dass sich immer wieder begrenzte Ausbruchsherde bilden. Oder auf der Arabischen Halbinsel ist bereits eine Epidemie im Gange, die durch den Fokus auf schwerkranke Patienten nicht erkannt wurde. Um für den Fall des Falles gewappnet zu sein, berief die WHO nun ein 15-köpfiges Notfallkomitee . Die Experten sollen die WHO-Generaldirektorin Margaret Chan beraten, ob Mers ein „Public Health Emergency of International Concern“ (PHEIC) ist. Bisher wurde nur einmal ein solches Gremium eingesetzt – während der Grippepandemie 2009/2010.

Als 2003 das Coronavirus Sars um die Welt raste und mehr als 8000 Menschen infizierte, hatte die WHO noch keinen institutionalisierten Weg, um auf die Gefahr zu reagieren. Daraus lernte sie und schaffte 2005 die Möglichkeit, offiziell Expertenrat einzuholen und einen „Notfall für das Gesundheitswesen von internationaler Tragweite“ auszurufen. Dann kann die WHO zeitlich beschränkte Empfehlungen aussprechen, um die Ausbreitung eines Virus zu stoppen.

Unter den 15 Komitee-Mitgliedern sind Ziad Memish, stellvertretender Gesundheitsminister Saudi-Arabiens, und die Mikrobiologin Maria Zambon aus dem Vereinigten Königreich, wo es auch einzelne Mers-Patienten gab. Die Kanadierin Theresa Tam hat bereits den Sars-Ausbruch in ihrem Land erlebt. Die amerikanische Seuchenbehörde CDC schickte mit Martin Cetron einen Experten für globale Wanderungsbewegungen und Quarantäne. Andere Vertreter kommen aus Staaten wie Indonesien, Oman, Bangladesch und Nigeria. Deutschland ist nicht dabei. Am Dienstag ließ sich das Komitee erstmals am Telefon von den Fällen in bisher betroffenen Staaten berichten. Es beschloss, am nächsten Mittwoch erneut zu konferieren.

Die WHO bereitet laut einem Statement Reise- und Gesundheitsempfehlungen für „bevorstehende Massenveranstaltungen“ vor. Gemeint sind die Pilger nach Mekka und Medina. Während des Ramadan werden Millionen Menschen in Saudi-Arabien erwartet, die die kleine Pilgerfahrt Umrah absolvieren. Im Oktober folgt die Haddsch, die große Pilgerfahrt, die jeder Muslim einmal im Leben unternehmen sollte. Jana Schlütter

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