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OP-Risiken: Schwierige Narkose

Alkohol und Adipositas erschweren die Operation. Bei extrem Fettleibigen ist etwa das Risiko, eine OP im Bauchraum nicht zu überleben, gegenüber Normalgewichtigen um ein Fünftel erhöht.

Die Feuerwehrwagen standen ganz nah beim neuen Alexa-Einkaufszentrum, in das die Massen strömten. Was dort gestern ablief, war allerdings kein Einsatz zur Rettung verletzter Schnäppchenjäger, sondern eine Vorführung zur richtigen medizinische Erstversorgung nach einem Autounfall – gedacht für die Fachleute, die in ihrer Mittagspause aus dem Berliner Congress Center (BCC) strömten. Dort versammeln sich noch bis Samstag etwa 3000 Mediziner zum Hauptstadtkongress der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin.

Wissenschaftler informieren dort über neue Operationstechniken, Möglichkeiten zur punktgenauen Muskelentspannung und Bestimmung der Narkosetiefe und über ultraschallgesteuerte, zielgenaue Schmerztherapie. Die Anästhesisten tauschen sich aber auch über die Sorgen aus, die ihnen im Operationsalltag besonders gefährdete Patientengruppen machen. Zum Beispiel Übergewichtige.

„Heute sind ein bis zwei von hundert Menschen, die wegen einer Operation in ein deutsches Krankenhaus kommen, extrem adipös“, erklärte Jochen Strauß vom Helios-Klinikum Berlin-Buch. Das heißt, ihr Body Mass Index (BMI) liegt über 35. Ihr Risiko, eine OP im Bauchraum nicht zu überleben, ist gegenüber Normalgewichtigen um ein Fünftel erhöht – auch wegen der Begleiterkrankungen, die sie meist schon mitbringen. Die Anästhesisten stoßen in solchen Fällen auch technisch an ihre Grenzen, denn Übergewicht erschwert das Legen eines Beatmungsschlauchs und macht eine örtliche Betäubung zum Teil unmöglich – und nach der OP ist die Atmung erschwert, weil Fettmassen das Zwerchfell nach oben drücken. Doch die Probleme beginnen oft schon zuvor: Viele Kliniken haben keine geeigneten OP-Tische, die Patienten passen nicht in die Röhren des Computertomographen oder des Kernspins, und ihr Gewebe ist für den Ultraschall nicht durchdringbar. Fettlösliche Narkosemittel würden bei ihnen zu langsam abgebaut. „Moderne Inhalationsanästhetika, die kaum fettlöslich sind, sind noch sehr teuer“ und es gebe wenig Erfahrung mit der Dosierung, sagte Strauß.

Ein anderes Problem sind Patienten mit erhöhtem Alkoholkonsum. Die Auswertung einer Datenbank zeigt: Jeder Sechste, der in den Berliner Unikliniken operiert wird, trinkt regelmäßig so viel Alkohol, dass seine Genesung davon in Mitleidenschaft gezogen sein kann. „Das ist bei drei bis vier Bier pro Tag oder einer Flasche Wein bereits der Fall“, sagte Claudia Spies, Direktorin der Klinik für Anästhesie der Charité. Mit dem Alkoholkonsum steigt die Gefahr, nach dem Eingriff Blutungen, Infektionen, Herzrhythmusstörungen, Wundheilungsstörungen oder eine Lungenentzündung zu erleiden. Wichtig ist, dass der Arzt von dem Problem weiß.

Adelheid Müller-Lissner

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