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Erleuchtung. Bei dem Verfahren werden Daten in Lichtpulse übersetzt, die für Menschen aber nicht wahrnehmbar sind. Die Übertragung auf diesem Bild wurde nachträglich sichtbar gemacht.

© Fraunhofer HHI

Optisches W-Lan: Internet aus der Deckenlampe

Berliner Forscher verschicken Daten mit einem „optischen W-Lan“. Dazu verändern LED-Leuchten blitzschnell ihre Helligkeit. Das Verfahren soll sicherer sein als herkömmliche Funknetzwerke.

Eine silberfarbene Schirmlampe hängt über dem Tisch im Konferenzraum des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts in Berlin. Die Lampe sieht aus wie jede andere, doch sie ist etwas Besonderes. „Ihr weißes Licht erhellt nicht nur den Raum, sondern überträgt auch Internetdaten“, sagt Dominic Schulz. Er hat mit seinen Kollegen die Lampe mit einem Internetanschluss versehen und einen Modulator eingebaut. Dieser wandelt die elektrischen Internetsignale in Lichtpulse um. Ein heller Lichtpuls entspricht einer Eins in der digitalen Datensprache, gedimmtes Licht steht für Null. Der Wechsel zwischen Hell und Dunkel ist so schnell, dass das menschliche Auge kein Flackern wahrnimmt. Das Licht erscheint von gleichmäßiger Intensität.

Eine E-Mail wird in unsichtbare Infrarotpulse "übersetzt"

Schulz zeigt auf ein silberfarbenes, rund 20 Zentimeter langes Kästchen auf dem Tisch. Darin ist eine Fotodiode, die die Lichtdaten in elektrische Signale zurückwandelt, über ein Kabel gelangen sie zum Laptop des Wissenschaftlers. Wenn er eine E-Mail schreibt, wird auch die mit Licht übertragen. Das Kästchen auf dem Tisch wird dann zum Sender, der infrarote, also unsichtbare LED-Pulse ausstrahlt. Ein Empfänger in der Schirmlampe nimmt die Daten auf und speist sie ins Internet. „Optisches W-Lan“ oder „Visible Light Communication“ (VLC) nennen die Berliner Forscher ihre Technik. „Sie könnte schon bald auf den Markt kommen“, sagt der Leiter der Arbeitsgruppe, Anagnostis Paraskevopoulos.

Er empfiehlt VLC überall dort, wo eine herkömmliche Funkverbindung auf Probleme stößt. In Krankenhäusern zum Beispiel sind Funkwellen oft unerwünscht. In Hotels oder auf Messen wiederum möchten viele Menschen gleichzeitig W-Lan nutzen, das Netz ist dann schnell überlastet. Auch hier könnte Licht weiterhelfen. „Jedes Hotelzimmer könnte seine eigene Internetlampe haben, genauso wie jeder Stand auf einer Messe“, sagt Paraskevopoulos. Vorteilhaft sei, dass optisches W-Lan nur einige Meter weit reicht. So stören sich die Lichtsignale nicht gegenseitig.

Ein optisches W-Lan macht es Hackern schwerer

Funkwellen dagegen eignen sich zur Datenübertragung über lange Distanzen. Doch ergeben sich gerade dadurch Gefahren. Wenn ein Netz noch drei Häuser weiter empfangen werden kann, ist es für Hacker leichter, sich einzuloggen und Daten zu stehlen. Banken zum Beispiel haben daher in der Regel kein eigenes W-Lan. Datenübertragung mittels Licht könnte Bankkunden einen relativ sicheren, drahtlosen Zugang zum Netzwerk ermöglichen, betonen die Forscher.

Konkrete Anwendungen sehen sie auch in Industrieanlagen, wo oftmals Maschinen Störsignale senden. Beim Schweißen entstehen ebenfalls elektromagnetische Wellen, die den Funk beeinträchtigen. „Wir sind mit verschiedenen Vertretern aus der Automobil- und Flugzeugbauindustrie im Gespräch, um VLC für diese Kunden zu ermöglichen“, sagt Paraskevopoulos. Die Anwendung in Unternehmen sei der Prüfstein für die Datenübertragung via Licht. Wenn die Technik dort erfolgreich ist, könne sie auch in anderen Bereichen den Markt erobern.

Die Geräte müssen noch kleiner werden

Frank Deike vom Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme in Dresden sieht das ähnlich. Auch er ist in Kontakt mit Industrieunternehmen und forscht mit seinem Team an der optischen Datenübertragung. Die Wissenschaftler haben zum Beispiel kleine Dockingstationen entwickelt, die an jedes Gerät passen, das einen USB-Anschluss hat. Die Dockingstationen tauschen digitale Daten über Lichtstrahlen aus. „Zwei Laptops zum Beispiel können auf diese Weise miteinander kommunizieren“, sagt Deicke. Datenraten von mehreren Gigabit pro Sekunde haben die Dresdener Forscher bereits mit Licht übertragen. Die Lampen der Berliner senden bisher nur mit bis zu einem Gigabit pro Sekunde. Die geringere Datenrate sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass das Deckenlampenlicht großflächig einen Raum ausleuchtet, und zwar mit weißem Licht, das ein breites Farbspektrum beinhaltet, erläutert Paraskevopoulos.

Seine Arbeitsgruppe stattet derzeit in einem Pilotprojekt einen Konferenzraum am Bodensee mit optischem W-Lan via Lampenlicht aus. Seminargruppen können den Raum mieten. Die Wissenschaftler wollen herausfinden, wie die Teilnehmer mit dem Lichtsystem zurechtkommen. „Schon jetzt ist klar, dass noch viel Forschungsarbeit nötig ist“, sagt Schulz. Zum Beispiel seien die Module zum Empfang und Versenden der LED-Signale zu groß. Sie sollen so klein wie ein USB-Stick werden, damit man sie ohne Kabel in ein Smartphone oder Laptop stecken kann. Bis die Technik im Alltag ankommt, werden wohl noch Jahre vergehen, schätzt Paraskevopoulos.

Julia Beißwenger

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