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Hyänen

© Höner, Wachter/IZW

Partnersuche bei Hyänen: Sie schicken die Männchen in die Wüste

Weibliche Tüpfelhyänen bevorzugen zugezogene Partner. So verhindern die Raubtiere Inzucht.

Langsam schiebt sich die Sonne über den Rand des riesigen Ngorongoro-Kraters im Norden Tansanias. Auf dem 600 Meter tiefer liegenden Kraterboden kehren die Hyänenweibchen nach der Jagd der letzten Nacht zu ihrem Bau zurück und säugen ihre Jungen.

Gleich daneben sitzen Oliver Höner und Bettina Wachter vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in ihrem Landrover und beobachten die behäbigen aber gefährlichen Tiere. 85 Kilogramm schwer werden die braun gepunkteten Tüpfelhyänen, die anders als ihr Ruf als Aasfresser es vermuten lässt, echte Räuber sind.

„Wir wissen inzwischen recht gut, wie Hyänenweibchen Inzucht vermeiden“, erklärt Höner ein Ergebnis ihrer Feldforschung. „Jüngere Weibchen paaren sich nur mit Männchen, die nach ihrer eigenen Geburt in die Gruppe geboren wurden oder danach eingewandert sind.“ Ihren Vater oder einen älteren Bruder schließen sie auf diese Weise von der Paarung aus, berichten die Forscher in Nature (Band 448, S. 798). Inzucht führt nämlich leicht zu Erbkrankheiten, an denen die Welpen rasch sterben könnten.

Seit 1996 haben die IZW-Forscher ihr Zelt zwischen sieben und elf Monaten im Jahr in 2500 Metern Höhe über dem Meeresspiegel auf dem Rand des Ngorongoro-Kraters aufgeschlagen. „Dort oben sind die Nächte schön kühl, da bleibt das Gemüse einige Zeit frisch“, berichtet Höner. Das ist wichtig, denn hier draußen gibt es keinen Kühlschrank. Den Strom für die Laptops und die Akkus für die Kameras liefert eine zweite Batterie im Landrover. „Diese Batterie lädt sich nur während der Fahrt, deshalb müssen wir jeden Tag das Auto anlassen“, erklärt der Forscher. Die Biologen sind inzwischen zwangsläufig zu Automechanikern im Nebenberuf geworden.

Um sechs Uhr früh am nächsten Morgen springt das Fahrzeug dann auch gut an, als die Forscher noch unter funkelnden Sternen in den Krater hinunterfahren, um bei Sonnenaufgang mit ihrer Arbeit zu beginnen. Im Ngorongoro-Krater lassen sich die Tüpfelhyänen (Crocuta crocuta) besonders gut beobachten, weil der Kraterboden mit 270 Quadratkilometern relativ übersichtlich ist. Die knapp 400 Tiere der acht Hyänengruppen unterscheiden die Forscher an Hand der Tüpfelmuster.

Sie interessieren sich besonders für das Sexualverhalten in den Gruppen, die von den Weibchen dominiert werden. DIe Weibchen unterscheiden sich äußerlich kaum von den Männchen, weil ihre Klitoris stark vergrößert ist und so fast wie ein Penis aussieht. Steigt das Männchen zur Paarung auf, krümmt es sich zusammen und versucht seinen Penis in die Riesenklitoris einzuführen, die zudem nach vorne gerichtet ist. Dieser Balanceakt klappt nur, wenn das Weibchen geduldig mitspielt. Eine falsche Bewegung und das Männchen purzelt unverrichteter Dinge in den Staub der Savanne. „Die Weibchen haben so die volle Kontrolle über den Geschlechtsakt und können sich ihren Partner daher viel einfacher als die Weibchen anderer Tierarten aussuchen“, erklären die IZW-Forscher Marion East und Heribert Hofer den biologischen Hintergrund.

Der Inzuchtvermeidungsstrategie kamen die Forscher erst auf die Spur, als sie die Verwandtschaftsverhältnisse unter den Tiere untersuchten. „Dazu zupfen wir jungen Hyänen ein paar Haare aus, die oft neugierig unseren Landrover inspizieren“, erklärt Bettina Wachter. Oder die Forscher sammeln ein wenig Kot auf, der wie bei allen Raubtieren von einer dünnen Schleimschicht mit Darmzellen umgeben ist.

Wenn die Mittagshitze zu groß wird und die Hyänen ihre Siesta beginnen, fahren die IZW-Forscher auf den kühlen Kraterrand und konservieren ihre Proben in Alkohol oder in flüssigem Stickstoff. So überstehen sie die nächsten Monate, bis die Forscher zurück in Berlin sind.

Gemeinsam mit Kollegen von der Universität im britischen Sheffield isolieren sie dann das Erbgut DNS aus ihren Proben. Damit klären sie die Verwandtschaftsverhältnisse der Tüpfelhyänen.

So fanden sie auch heraus, dass die Weibchen sich nicht mit ihren Vätern oder älteren Brüdern paaren. Weil die jungen Männchen also am besten in einer Gruppe mit vielen jungen Weibchen zum Zug kommen, verlassen 89 Prozent von ihnen die eigene Gruppe. Für die Männchen lohnt sich diese Strategie: „In Gruppen mit vielen jungen Weibchen haben sie dreimal mehr Nachkommen als im Durchschnitt aller anderen Gruppen“, erklärt IZW-Forscher Höner.

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