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Reine Formsache Folge 1: Perfekte Haltung

Eine gut funktionierende tiefe Muskulatur ist die Basis für die Fitness. Über Nacken-, Rücken- und Gelenkschmerzen klagt meist, wer zu viel sitzt. Aber auch Sportler machen den Fehler: Sie trainieren die Kraft statt der Mobilität.

Von Susanne Leimstoll

Heute tut wieder der Rücken weh. Hat man im Büro denn verspannt am Schreibtisch gesessen? Das Knie schmerzt erneut. Wieso bloß, man ist doch kaum gelaufen?

Eben. Die Menschen sitzen zu viel. Die Personal Trainer und Physiotherapeuten Andrea Göhre und Sven Röhr würden da erst mal ein Beweglichkeitstraining verordnen – zur Kräftigung des Bindegewebes. Den Bewegungsapparat muss man sich vorstellen wie eine Kette. Eine Schwachstelle löst weitere Fehlstellungen aus. Wo schon die Statik des Fußes nicht stimmt, setzt sich die Fehlbelastung fort. Der Körper kann lange kompensieren, aber irgendwann ist Schluss. Der Schmerz meldet sich.

Trainer stellen dann meist fest: Nicht mangelnde Kraft ist das Problem, sondern mangelnde Mobilität. „Man kann aber mit einfachen Übungen, die die meisten noch aus dem Schulsport kennen, gegensteuern“, sagt Andrea Göhre. Beispiel: Im Vierfüßlerstand einen Katzenbuckel machen und danach den Rücken durchhängen lassen, das mobilisiert die Wirbelsäule und regt die Durchblutung an. Oder Kniebeugen, bei denen man den Po nach hinten schiebt und mit den Knien auf einer Linie mit den Fußspitzen bleibt. „Die Übung kräftigt auch, wenn man nicht so weit runterkommt“, sagt Göhre. Sechs solcher Vorschläge macht sie auf dem heute beiliegenden Poster. „Wer die zweimal die Woche 15 oder 20 Minuten lang ausführt, verbessert sein Körpergefühl, löst Verspannungen. Das bringt eine gute Haltung – und auch innere Zufriedenheit, finde ich.“ Beweglichkeitstraining ist unsere Lektion eins, ist die Basis für mehr Fitness. „Es bringt nichts, mit Kraft- oder Ausdauertraining zu starten“, sagt Andrea Göhre. „Da trainiert man nur seine Defizite.“

Ein Beweglichkeitstraining ist perfekt für Menschen mit entzündlichen Gelenkerkrankungen, Arthrose, Morbus Scheuermann. „Sich aus Angst vor Schmerz nicht zu bewegen, macht alles schlimmer. Bewegung hilft, den Stoffwechsel im Gelenk anzuregen. So wird es sozusagen geschmiert, besser ernährt.“ Andrea Göhre und Sven Röhr können viele Beispiele aus ihrem Traineralltag aufzählen. Eine Klientin, Anfang 80, mit Gelenkarthrose und Rheuma. „Anfangs“, sagt Andrea Göhre, „konnte sie nicht in den Zehenstand gehen, nicht auf einem Bein stehen.“ Eineinhalb Jahre hat sie konsequent trainiert. Die alte Dame könne jetzt auch wieder knien, Garten- und Hausarbeit erledigen.

Sven Röhr trainiert einen 55-jährigen Arzt. Viel Schreibtischarbeit, viele OP’s in gebeugter Haltung. Schulterschmerzen hätten ihm zu schaffen gemacht. Er begann mit Mobilitätsübungen, baute dann sein Training aus. Erste Effekte zeigten sich schnell: Er habe sich am OP-Tisch besser stabilisieren und auch konzentrieren könne, sagt Röhr. „Der ständige Schmerz war fort.“

Eine 40-jährige Mutter, zwei Kinder, mitten in einer Umschulung, mitten im Stress, hatte Rücken-, Schulter und Nackenschmerzen. Im Garten mit den Kindern Trampolinspringen? Ging nicht. Ein Dreivierteljahr konsequentes Beweglichkeitstraining vor allem für den Rücken- und auch den Beckenboden, der täglich Bewegungen abfedern muss, hat gut geholfen.

Und was ist mit den Sportlern? Auch die brauchen Beweglichkeitstraining. Andrea Göhre: „Die meisten machen zu viel Krafttraining und tun zu wenig für die tiefe Muskulatur.“ In diesem Sinne: An die Poster, fertig, los.

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