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POSITION: Jeder kocht sein eigenes Süppchen

Schon innerhalb Berlins sind Studienleistungen im Bachelor nicht kompatibel

Vor über zehn Jahren ist im italienischen Bologna der „Bologna-Prozess“ eröffnet worden. Die Idee war die Vereinheitlichung und Internationalisierung des Studiums, zudem auch noch die Verkürzung der Studienzeiten. Noch nie gab es einen dermaßen aufwendigen, schwierigen und bürokratischen Umstellungsprozess an deutschen Hochschulen. Trotzdem: Die Hochschullehrer haben größtenteils den politischen Vorgaben entsprochen. Und das, obwohl wir bis dahin ein international anerkanntes und auch fundiertes deutsches Diplom hatten. Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen umgestellt. Mal mit sieben Bachelor- und drei Mastersemestern, manchmal auch nur mit sechs Bachelor- und vier Mastersemestern – wie von der Politik nicht anders erwünscht und alles akkreditiert, das heißt zugelassen.

Offensichtlich ist bei der Umsetzung dieser Reform an den Hochschulen nicht alles gelungen. Trotzdem sollte man in dieser Phase nicht den Hochschullehrern den Schwarzen Peter zuschieben. Wir haben erst zarte Erfahrungen mit der Reform gemacht. Einige Bachelorstudiengänge sind gerade zum ersten Mal richtig durchgelaufen, einige Masterstudiengänge haben gerade mal begonnen. Läuft noch nicht alles optimal, versuchen wir es zu verbessern. Bald stehen die ersten Reakkreditierungswellen an (zu deutsch „Wiederzulassung“). Der Bürokratieaufwand war und ist gewaltig.

Was ist nun das Fazit? Vielfach wird jetzt eine „Entschlackung“ gewünscht. Das geht natürlich auf Kosten der Qualität und eventuell auch zu Lasten der politisch gewünschten kurzen Studiendauer. Hier müssen wir im Rahmen der Reakkreditierungen noch mal genauer nachdenken und sicherlich auch nachbessern.

Der eigentliche Anlass des „Bologna-Prozesses“ wird jedoch allzu leicht übersehen: die Vereinheitlichung und Internationalisierung des Studiums im europäischen Raum. Hier gibt es noch eine Menge zu tun.

Allein im Stadtstaat Berlin ist es fast unmöglich, dass die Hochschulen untereinander Module vereinheitlichen und gegenseitig anerkennen. Jeder kocht sein eigenes Süppchen, und die Politik interessiert es offenbar nicht. Dabei sollte es doch möglich sein, eben nicht nur zum Beispiel Bauingenieurwesen an der Hochschule für Technik und Wirtschaft zu studieren, sondern auch anerkannte Module an der Beuth-Hochschule und auch an der TU zu belegen – oder aber an der Hochschule in Bologna.

Das kann nur gelingen, wenn die Bachelorstudiengänge im Sinne eines Studium generale breit und fundiert ausgerichtet werden. Schwerpunkte der Hochschulen sollten dabei durchaus gesetzt werden. Darauf aufbauend sind spezialisierte Masterstudiengänge zu entwickeln.

In diese Richtung müssen die Hochschulen bei den Nachbesserungen des Reformprozesses gehen – und zwar gemeinsam. Es wäre im Sinne der Studenten!

Die Autoren sind Professoren an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW). Bernd Kruse ist Dekan des Fachbereichs Ingenieurwissenschaften, Volker Wohlgemuth Sprecher des Studiengangs Betriebliche Umweltinformatik

B. Kruse, V. Wohlgemuth

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