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POSITION: Wir brauchen einen Bildungssoli

Die Einberufung eines gemeinsamen Bildungsgipfels ist das Eingeständnis, dass die Defizite im deutschen Bildungssystem nur gemeinsam von Bund und Ländern bewältigt werden können. Damit ist offenkundig, dass die Föderalismusreform mit dem weitgehenden Kooperationsverbot für den Bildungsbereich ein eklatanter Fehler war.

Die Einberufung eines gemeinsamen Bildungsgipfels ist das Eingeständnis, dass die Defizite im deutschen Bildungssystem nur gemeinsam von Bund und Ländern bewältigt werden können. Damit ist offenkundig, dass die Föderalismusreform mit dem weitgehenden Kooperationsverbot für den Bildungsbereich ein eklatanter Fehler war. Nun kommt es darauf an, dass der neue Anlauf zur Zusammenarbeit nicht eine bloße Showveranstaltung wird. Derzeit besteht die Gefahr, dass bloß Dinge formuliert werden, die längst vereinbart sind.

Dabei läuft uns bei der Bildung die Zeit davon: Der jüngste OECD-Bericht bescheinigt erneut, dass Deutschland bei der Bildung international hinterherhinkt. Mit einem Anteil von 5,1 Prozent am BIP liegt Deutschland bei den Bildungsausgaben unter dem OECD-Schnitt von 6,1 Prozent. Um überhaupt den Anschluss ans Mittelfeld zu finden, müssten wir jedes Jahr 23 Milliarden Euro mehr ausgeben.

Das deutsche Bildungssystem ist ungerecht, weil der Bildungserfolg stark von der sozialen Herkunft abhängt. Fachkräftemangel und Bildungsarmut sind dabei nur zwei Seiten einer Medaille. Die zentralen Handlungsfelder liegen längst auf der Hand: Wir brauchen einen Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr. In der Schule brauchen wir verbindliche Schritte weg von der frühen Selektion hin zur individuellen Förderung und einen flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschulen. Bis 2020 wären allein für Ausbau und personelle Ausstattung der Ganztagsschulen 58 Milliarden Euro nötig. Nach dem Scheitern des Hochschulpakts I wegen Unterfinanzierung muss ein Hochschulpakt II die dringend benötigten zusätzlichen Studienplätze schaffen und die mit dem Bologna-Prozess versprochene bessere Betreuung der Studierenden gewährleisten.

Auch wenn sich infolge der Finanzkrise die Konjunktur verschlechtern sollte, muss umso härter ein Vorrang für Bildung durchgesetzt werden. Wir Grünen schlagen vor, die nicht für den Aufbau Ost verwendeten Mittel aus dem Solidarausgleich in einen Bildungssoli umzuwandeln. Zwischen 2010 und 2019 sollten mindestens 23 Milliarden Euro daraus direkt in Bildung investiert werden. Bildungsausgaben dürfen in unserer Finanzverfassung nicht schlechter bewertet werden als Investitionen in den Bau einer Straße. Für beides müssen Bund und Länder auch in der Föderalismuskommission II den Weg öffnen. Weitere Mittel für Frühförderung und Bildung können durch zusätzliche Maßnahmen mobilisiert werden: fünf Milliarden durch Reduzierung des Ehegattensplittings, 0,4 Milliarden durch zehn Prozent höhere Einnahmen bei der Erbschaftssteuer, 12,1 Milliarden durch weniger Klassenwiederholungen und 15,7 Milliarden, wenn man bis 2020 einen realistischen Anteil der Minderausgaben durch sinkende Schülerzahlen umschichtet.

Krista Sager ist stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen und koordiniert die Bildungs- und Forschungspolitik der Fraktion.

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