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Roher Stoff. Ein Arbeiter sortiert herausgebrochenes Gestein einer Mine. Am Ende bleibt ein Konzentrat des Tantalerzes Coltan übrig, das von der Industrie heiß begehrt ist.

© REUTERS

Umstrittener Rohstoff: Sauberes Erz

Das Tantalerz Coltan ist begehrt und teuer. Bewaffnete Rebellen in Afrika versuchen daher, an dem Handel mit dem Rohstoff mit zu verdienen. Ein neu entwickelter Test hilft zu erkennen, ob die Ware politisch unbedenklich ist. Auch bei Gold und Diamanten könnte es vielleicht einmal einen Herkunftsnachweis geben.

„Bluterz“ könnte man die Minerale nennen, in Anlehnung an die „Blutdiamanten“, mit denen Rebellen in Westafrika ihre kriegerischen Auseinandersetzungen finanzieren. Ähnlich funktioniert der Handel mit Coltan. Das Tantalerz wird gut bezahlt, deshalb brachten beispielsweise im Kongo lokale Milizen bestimmte Minen unter ihre Kontrolle und finanzierten mit dem Verkauf der Rohstoffe ihr brutales Treiben.

Infolge des zunehmenden Drucks der Öffentlichkeit wollen viele Industriekonzerne nur noch „sauberes“ Coltan verwenden. Tatsächlich ist es möglich, einen entsprechenden Nachweis zu liefern. Das Verfahren dafür haben Frank Melcher von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover und seine Kollegen entwickelt; im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Nach langen Diskussionen einigten sich Ende vergangenen Jahres die Demokratische Republik Kongo, alle Nachbarstaaten sowie Kenia darauf, eine Zertifizierung für den Rohstoff zu starten. Damit soll nur Erz aus offiziellen Minen auf den Weltmarkt gelangen. „Wir beginnen gerade, das Labor aufzubauen und die Fachleute in den einzelnen Ländern zu schulen“, berichtet der BGR-Forscher.

Im ersten Schritt werden zunächst Erzproben aus verschiedenen Minen chemisch untersucht und die Ergebnisse in einer Datenbank gespeichert. Jede Grube erhält so einen individuellen „Fingerabdruck“, weshalb Melcher auch von einem „Fingerprintverfahren“ spricht. Für die Zertifizierung wird das betreffende Erz ebenfalls untersucht und das Resultat mit der Datenbank abgeglichen. „So können wir herausfinden, ob das Coltan aus einer ,sauberen’ Quelle stammt“, erläutert er. Allerdings haben die Forscher bisher nur knapp 200 Minen aus der Region erfasst, das sei höchstens ein Drittel der vorhandenen, schätzt Melcher. Es liegt noch viel Arbeit vor ihnen.

Um später eine Charge Erz zu zertifizieren, die in den Handel kommen soll, werden ein paar Gramm entnommen, in Harz eingebettet und angeschliffen. Anschließend wird die Probe unter ein Rasterelektronenmikroskop gebracht. „So lässt sich rasch ermitteln, welche Minerale in welcher Konzentration enthalten sind“, sagt Melcher. Zum Beispiel 65 Prozent Columbit, 10 Prozent Kassiterit, 25 Prozent Quarz und Silikate. Da jede Mine eine für sie typische Zusammensetzung des Erzes aufweist, haben die Rohstoffdetektive einen ersten Anhaltspunkt, ob die Lieferung „sauber“ ist.

Anschließend werden die Körnchen mit einem Laser beschossen und das verdampfte Material in einem Massenspektrometer analysiert. Hier nutzen die Geoforscher den Umstand, dass jedes Mineral neben den Hauptelementen, die in seiner chemischen Formel vermerkt sind, stets weitere Elemente enthält, die nur in geringer Konzentration vorliegen. „Das Gerät kann in einem Arbeitsgang den Gehalt von 40 Elementen bestimmen, und zwar bis zu einem Tausendstel-Prozent genau“, sagt Melcher. Gemäß ihrer Häufigkeit entsteht so der gesuchte chemische Fingerabdruck. „Wir machen bei jeder Probe rund 50 ,Schüsse’, um statistische Schwankungen in den Griff zu bekommen“, erläutert er. Das Laserverfahren ist zwar vergleichsweise schnell, dennoch benötige man für jede Erzprobe etwa einen halben Tag. „Bei einer Jahresproduktion von mehr als 1000 Tonnen Coltan-Konzentrat in der Region ist offensichtlich, dass nur Stichproben gemacht werden können.“

Umso wichtiger sei es, wer darüber entscheidet, wann eine Probe wo genommen wird, sagt er. „Das müssen die Verantwortlichen vor Ort klären.“ In zwei bis drei Jahren, so hoffen die Fachleute, soll das Zertifizierungssystem laufen.

Doch auch die Zeit bis dahin bleibt nicht ungenutzt, sagt Melcher. Im BGR-Labor in Hannover werden seit Jahren Referenzproben aus den verschiedenen Minen analysiert und auch die eine oder andere „scharfe Probe“, wie er es nennt. In Zukunft soll aber im Zentrallabor gemessen werden, das in Tansania aufgebaut wird. Beliefert wird es von Sammelstellen, die in jedem der teilnehmenden Länder errichtet werden.

Für Gold, einen ebenfalls begehrten und potenziell konfliktbelasteten Rohstoff aus Afrika, würde sich ein Fingerprintverfahren prinzipiell ebenso eignen, ergänzt Melcher. „Aber da gibt es noch viele Schwierigkeiten.“ Zum einen ist es wesentlich schwieriger, Referenzproben aus den einzelnen Minen zu bekommen. Andererseits werde das Edelmetall bereits an den Lagerstätten durch die Amalgamierung chemisch verändert. „Aber das ist noch nicht genau erforscht und wir hoffen, vielleicht in Zukunft daran zu arbeiten“, sagt der BGR-Wissenschaftler.

Auch bei Diamanten sind die Chancen für eine Herkunftsbestimmung im Labor sehr begrenzt. „Bislang werden Rohdiamanten anhand verschiedener Eigenschaften wie Färbung und Gestalt einer bestimmten Region zugeordnet“, sagt Dieter Hahn, Sachverständiger bei der Zertifizierungsstelle für Rohdiamanten beim Zollamt Idar-Oberstein. Die Gefahr, dass ihm dabei ein Fehler unterläuft, bezeichnet er als „gering“. Allerdings verfüge er auch über jahrzehntelange Erfahrung.

Gleichwohl suchen Materialwissenschaftler immer wieder nach Wegen, geübte Augen wie die von Hahn um objektiv arbeitende Geräte zu ergänzen. Etwa mit der Analyse von Spurenelementen. Die sind in Diamanten aber nur in äußerst geringer Konzentration enthalten. „Bis jetzt ist noch keine Methode praxistauglich“, sagt Michael Wiedenbeck vom Deutschen Geoforschungszentrum Potsdam. Er will gemeinsam mit Forschern aus Südafrika ein Verfahren entwickeln, bei dem das Verhältnis verschiedener Kohlenstoffisotope – das sind unterschiedlich schwere Atome ein und desselben Elements – extrem genau bestimmt wird. Das Projekt ist bereits genehmigt, sobald das neue Analysegerät zum Jahresende in Wiedenbecks Labor aufgebaut wird, soll es losgehen.

Die präzisen Messungen sind das eine, wie beim Coltan benötigen die Diamantendetektive ebenfalls eine Datenbank. Das ist die zweite große Herausforderung. „Außerdem müssen wir herausfinden, ob sich verschiedene Diamanten einer Lagerstätte chemisch wirklich so ähnlich sind, dass wir sie später dem gleichen Herkunftsort zuordnen können“, sagt der Forscher. Wenn überhaupt, dann wird am Ende wahrscheinlich eine Kombination verschiedener Verfahren eingesetzt werden müssen, um den Ursprung der Edelsteine zu ermitteln.

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