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Attraktiv. Metropolen gleichen nicht nur in der Nacht Sternen.

© Nasa Earth Observatory

Stadtentwicklung: Formeln für Städte

Ähnlich wie Sterne ziehen Metropolen Masse von außen an. Doch richtig strahlen können sie nur, wenn auch die sozialen Netzwerke stimmen. Investitionen in Verkehrswege und Kommunikationskanäle steigern langfristig den Wohlstand.

Die Erde verstädtert. Aber Theoretiker scheitern daran, die Dynamik solcher wachsenden Siedlungen zu beschreiben. Vergleiche mit einem Ameisenhaufen, einem wachsenden Organismus oder einem Strom mit seinen Nebenflüssen versagen, weil sich diese Systeme entwickelt haben, um möglichst wenig Energie zu verbrauchen. Städte ähneln eher einem Stern, der von außen Masse ansaugt und sein Wachstum nutzt, um heller zu strahlen. Ganz ähnlich strömen Menschen aus dem Umland in boomende Städte und steigern so deren Leistungskraft enorm, schreibt Luis Bettencourt vom Santa- Fe-Institut in der gleichnamigen amerikanischen Stadt im Fachblatt „Science“ (Band 340, Seite 1438).

Wie viele Vergleiche hinkt auch der mit einem Stern. Tatsächlich ähneln Mittelstädte und Metropolen wohl eher einer Mischung aus Sonne und sozialen Netzwerken. „Damit sind sie etwas Neues in der Natur“, schreibt Luis Bettencourt. Hinter dieser Aussage stehen mehr als zehn Jahre Detailarbeit seiner Forschergruppe. In dieser Zeit haben die Wissenschaftler gigantische Mengen von Daten und Zusammenhängen gesammelt. Wie viele Menschen leben in einer Stadt, wie groß ist die Fläche, wie ist die Wirtschaftskraft, was kostet der Quadratmeter Grund, wie viele Patente werden angemeldet? Wie lang und dicht sind die Netze der Straßen und des öffentlichen Nahverkehrs, der Telekommunikation? Natürlich berücksichtigten die Forscher auch das soziale Miteinander und Unterhaltungsmöglichkeiten.

Als die Wissenschaftler diese Daten über Formeln verknüpften, zeigten sich Zusammenhänge: Je größer eine Stadt ist, umso effektiver kann die Wirtschaft sein und umso höher sind die Einkommen. Gleichzeitig steigen aber auch die Kosten. Das sind für die Forscher nicht nur Bilanzen, die in Euro und Dollar beziffert werden können, sondern auch die Kriminalitätsrate. Viel überraschender sind die quantitativen Ergebnisse, kommentiert Michael Batty vom University College in London ebenfalls in „Science“. Verglichen mit dem Bevölkerungswachstum wachsen die Einkommen deutlich schneller, während die Infrastruktur und damit die Kosten weniger rasch zunehmen.

Für Stadtplaner enthält diese Tatsache eine klare Botschaft: Investitionen in Verkehrswege und Kommunikationskanäle bringen langfristig eine Rendite in Form von steigender Wirtschaftskraft und Wohlstand. Gleichzeitig sollten sie die negativen Einflussfaktoren verringern, also der Kriminalität entgegentreten und das Ausgrenzen einzelner Gruppen verhindern. Denn alle, die außerhalb der sozialen Netzwerke stehen, verringern den aktiven Teil der Bevölkerung und damit die Kraft der Gemeinschaft.

Dieser Zusammenhang gilt für kleine und große Städte gleichermaßen, zeigt Bettencourt. Der Forscher erklärt das mit den Kontakten in einer Stadt. Sie ermutigen die Menschen, Neues zu lernen und sich stärker zu spezialisieren. Dadurch wird der Einzelne zwar immer abhängiger von der Gemeinschaft, er braucht eben andere, die ihm Lebensmittel und elektrischen Strom liefern oder den Computer reparieren und den öffentlichen Nahverkehr betreiben. Gleichzeitig arbeitet diese Gemeinschaft aus Spezialisten effektiver, während der Einzelne in das immer raffiniertere Netzwerk nicht mehr investieren muss als der weniger Spezialisierte innerhalb einer kleineren Gemeinde. Mit solchen Zusammenhängen lässt sich das rasante Wachstum vieler Städte in der Vergangenheit und heute gut erklären.

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