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In der Kritik. Die Forschungsergebnisse von Haruko Obokata vom Riken-Zentrum für Entwicklungsbiologie haben weltweit Aufsehen erregt – und Skeptiker auf den Plan gerufen.

© REUTERS

Stammzellstudie unter Verdacht: Zweifel an Säure-Stammzellen

Kürzlich präsentierten japanische Forscher ein Verfahren, um Stammzellen auf einfachem Wege zu gewinnen. Doch es gibt Unstimmigkeiten.

Vor knapp drei Wochen erschienen zwei Studien, in denen Stammzellen durch die bloße Behandlung mit Säure aus erwachsenen Zellen gewonnen wurden. Wegen der vorgeblichen Einfachheit der Methode wurden die Arbeiten weitläufig als Durchbruch gefeiert. Mittlerweile werden Zweifel an den Studien laut.

Das Riken-Zentrum für Entwicklungsbiologie in Kobe, Japan, hat eine Untersuchung eingeleitet. Studienleiterin Haruko Obokata und ein großer Teil der Forscher arbeiten in dem Zentrum. Auch das Fachmagazin „Nature”, das die Studien veröffentlicht hat, will genauer prüfen. Grundlage sind Unstimmigkeiten bei einigen Abbildungen. Sie wurden auf der Plattform „Pubpeer” aufgedeckt, die eine Begutachtung von wissenschaftlichen Arbeiten nach deren Veröffentlichung anbietet. In einer der Studien etwa werden zwei verschiedene Placentas (Mutterkuchen) gezeigt. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass es sich bei beiden um dasselbe Organ handeln könnte.

Im Zuge der Auseinandersetzung ist auch aufgefallen, dass ältere Studien von Obokata ähnliche Fehler enthalten. Ein anderer Kritikpunkt ist das bisherige Scheitern von Forschern, Obokatas Ergebnisse zu wiederholen. Allerdings haben eine Vielzahl von Ihnen leicht unterschiedliche „Kochrezepte“ genutzt.

Konstantinos Anastassiadis von der Technischen Universität Dresden sagt, dass er den Studien erst vertrauen werde, wenn die Experimente in anderen unabhängigen Labors nachgemacht werden. „Es ist aber noch zu früh, um zu sagen, ob das Protokoll nicht reproduzierbar ist“, sagt der Stammzellforscher. Er erwartet eine belastbare Aussage darüber in zwei bis drei Monaten. Probleme mit Abbildungen kämen oft vor. „Die Frage ist, ob sie vorsätzliche Manipulationen oder unbeabsichtigte Fehler sind“, sagt der Biologe. Er vergleicht die Situation mit der Studie zum Klonschaf Dolly, wo es zu einer ähnlichen Duplikation gekommen war. „Trotzdem wurde das Experiment bei vielen anderen Tieren reproduziert.“

Daniel Besser vom German Stem Cell Network in Berlin ändert seine Meinung über die Forschung Obokatas trotz der aufgedeckten Probleme vorerst nicht. Er hält es für überzogen, wegen ihnen die Aussage der Studien anzuzweifeln oder gar von einer Fälschung zu sprechen. Eine Reproduktion der Ergebnisse sei nötig, brauche aber mehr Zeit. „Wir müssen jetzt aufpassen, dass das keine Hexenjagd wird“, sagt Besser.

Hristio Boytchev

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