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Farina Pertring hat ihren Sohn im Sommer 2014 bei einer Hausgeburt zur Welt gebracht. Bei normal verlaufenden Schwangerschaften ist das nicht riskanter als eine Klinikgeburt, hat nun eine kanadische Studie festgestellt.

© tsp/ Kitty Kleist-Heinrich

Studie untersucht Geburtsrisiken: Sichere Hausgeburt

Weniger als zwei Prozent aller Kinder kommen zuhause auf die Welt. Aber ist das Krankenhaus wirklich der sicherere Ort für eine Geburt?

Sind Hausgeburten bei unauffälligem Schwangerschaftsverlauf ähnlich sicher wie Entbindungen in Kliniken? Darüber streiten Experten seit Jahren. Nun berichten kanadische Forscher nach einer Studie in der Provinz Ontario im „Canadian Medical Association Journal“, bei Schwangerschaften mit geringem Risiko seien geplante Hausgeburten sicher. Dies gelte sowohl für Mütter, die ihr erstes Kind gebären, als auch für solche, die vorher schon Nachwuchs zur Welt brachten.

Jede zehnte Geburt von Hebammen betreut

In Deutschland kommen weniger als zwei Prozent der Kinder per Hausgeburt zur Welt, der Anteil ist seit Jahren relativ konstant. In Kanada ist die Rate vergleichbar. Das Team um Eileen Hutton von der McMaster University in Hamilton schreibt, in Ontario werde etwa jede zehnte Geburt von Hebammen begleitet, etwa ein Fünftel davon seien Hausgeburten. In Ontario mussten Hebammen ihre Arbeit bis 2009 dokumentieren und dem Gesundheitsministerium der Provinz vorlegen.

Die Forscher werteten nun von 2006 bis 2009 knapp 11 500 Berichte zu geplanten Hausgeburten aus und verglichen sie mit ebenso vielen geplanten Entbindungen in Krankenhäusern. Dabei achteten sie auf Totgeburten, Todesfälle von Säuglingen in den ersten vier Lebenswochen und Komplikationen wie etwa Wiederbelebungsmaßnahmen. Ausgeschlossen von der Analyse waren Schwangerschaften mit erhöhtem Risiko – etwa Mütter mit Vorerkrankungen wie Herzleiden oder Diabetes, Mehrlingsschwangerschaften, Schwangerschaftskomplikationen oder eine Geburt vor der 37. Schwangerschaftswoche.

Geburten sind zuhause nicht riskanter als in der Klinik

Letztlich setzten 75 Prozent der Frauen ohne erhöhte Gefährdung, die eine Hausgeburt geplant hatten, ihr Vorhaben um – jede vierte Frau wechselte also noch kurzfristig in eine Klinik. Von jenen Schwangeren, die ein Krankenhaus aufsuchen wollten, taten dies 97 Prozent. Ein gutes Drittel der Frauen (35 Prozent) gebar zum ersten Mal ein Kind. Insgesamt, so bilanzieren die Forscher, lag die Häufigkeit von Todesfällen unter den Hausgeburten bei 1,15 pro 1000, in Krankenhäusern waren es 0,94. Bei den Müttern wurde kein Todesfall bekannt.

„Unter Frauen, die ihr Kind in Ontario zu Hause mit Hebammen zur Welt bringen wollten, unterschied sich das Risiko für eine Totgeburt, den Tod des Säuglings oder schwere Geburtskomplikationen nicht von den Frauen, die eine Krankenhausgeburt mit Hebammen wählten“, schreibt das Team. Birgit Seelbach-Göbel, Leiterin der Geburtshilfe am Uniklinikum Regensburg, sieht jedoch eine Verzerrung des Resultats durch das Studiendesign. Letztlich seien 25 Prozent der Hausgeburt-Frauen doch noch kurzfristig für die Geburt in eine Klinik gebracht worden, bei den Erstgebärenden seien es sogar 45 Prozent gewesen. Trotzdem seien diese Resultate zu den Hausgeburten gezählt worden. „Das verfälscht das Ergebnis.“ In Deutschland werde etwa jede sechste Frau, die eine Hausgeburt plant, letztlich noch in eine Klinik verlegt.

Katharina Jeschke vom Deutschen Hebammen-Verband, Vorsitzende der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe, sieht sich bestätigt. „Bei einer guten Anamnese ist die Sicherheit von Mutter und Kind bei Hausgeburten und Klinikentbindungen gleich. Das geht eindeutig aus der Studie hervor.” (Walter Willems /dpa)

Walter Willems

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