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Die Raumsonde Rosetta beobachtet den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko ("Tschuri"), der sich durch die zunehmende, im Tagesrhythmus wechselnde Sonneneinstrahlung verändert.

© Simulation: DLR/dpa

Komet wandelt sich auf dem Weg zur Sonne: Tschuri schwitzt sich schlank

Die Raumsonde "Rosetta" hat beobachtet, wie Wetterphänomene den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko verändern.

Bei seinem Flug Richtung Sonne im Juli dieses Jahres hat der Komet "Tschuri" Wasser ausgeschwitzt. Ein internationales Forscherteam um Maria Cristina de Sanctis vom Astrophysikalischen Institut INAF in Rom beschreibt Vorgänge auf dem Kometen, den die Raumsonde Rosetta seit Anfang des Jahres aus nächster Nähe beobachtet, im Fachmagazin "Nature" als eine Art "Tauwetter". Sobald die Sonne auf Tschuri aufging und auf eine vereiste Region schien, verflüchtigte sich das Wasser zum Teil. Ging die Sonne unter, gefror das verbliebene Wasser wieder.

Mal dampft der Komet, mal gibt er sich eisig

Das Eis ist auf dem Kometen allerdings nicht gleichmäßig verteilt. Die Wissenschaftler hatten für die Studie eine besonders eisreiche Region am "Hals" des entenförmigen Kometen ausgewählt, der die beiden großen Teilstücke des Kometenkerns verbindet. Ein Wasser-Eis-Kreislauf wie er dort jetzt beobachtet wurde, war schon früher als ein Antrieb der schwankenden Aktivität von Kometenkernen postuliert worden, konnte bislang aber nicht nachgewiesen werden. Die Forscher nehmen an, dass der von Rosetta nun erstmals aufgezeichnete Kreislauf typisch für Kometen ist und sich damit auch der schwankende Wasserdampfausstoß von Schweifsternen wie 9P/Tempel 1 und 103P/Hartley 2 erklären lässt. Auch Berliner Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt waren an der Studie beteiligt.

Auf der Südseite Tschuris, in der Region Imhotep, hat sich die Landschaft zwischen dem 24. Mai und dem 11. Juli 2015 dramatisch verändert. Die verschiedenfarbigen Pfeile markieren verschiedene beckenförmige Vertiefungen, die sich nach und nach ausdehnen.

© esa/dpa

Generell verändert sich Tschuri durch die Sonneneinstrahlung stark. Erst kürzlich hatten Forscher des Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen in der Fachzeitschrift "Astronomy & Astrophysics" berichtet, dass aus einem auffällig gezackten Steilhang im Laufe der Annäherung an die Sonne zwischen dem 24. Mai und dem 11. Juli zwei beckenförmige Vertiefungen geworden waren. Das zeigen Bilder des Rosetta-Kamerasystems "Osiris", mit denen die Oberflächenveränderungen auf dem Kometen dokumentiert wurden. Auch diese Beobachtung stammt aus der Zeit vor der größten Annäherung des Kometen an die Sonne Mitte August, in der die Sonneneinstrahlung den sonst leblosen Brocken aus Eis, Staub und gefrorenen Gasen "aktiv" werden lässt, so dass er große Mengen Staub und Gas ins All spuckt. "Die Erosionen beginnen als kleine, runde Vertiefungen, die dann um sich greifen und sich nach und nach ausdehnen", sagt Olivier Groussin vom Laboratoire d'Astrophysique de Marseille. Fünf solche Stellen, zwei größere mit Durchmessern von zuletzt 140 und 220 Metern und drei kleinere, konnte der "Osiris"-Wissenschaftler beobachten. "Dies ist das erste Mal, dass wir mitverfolgen können, wie sich eine Kometenoberfläche Schritt für Schritt entwickelt", erläuterte der MPS-Forscher Holger Sierks, der das "Osiris"-Team leitet.

Wandelbarer Gesteinsbrocken

Daten zur schwankenden Eisschmelze genau während des Vorbeiflugs von „Tschuri“ an der Sonne im August und danach sind noch nicht veröffentlicht, da es oft einige Monate dauert, bis ein Fachjournal eine Arbeit überprüft und druckt.

In den kommenden Monaten wollen die Forscher die Oberflächenveränderungen auf dem Kometen weiter verfolgen. "Bisher steht nur eins fest", betonte Sierks: "Der Komet, von dem wir uns im Herbst 2016 verabschieden werden, wird nicht mehr derselbe sein, den wir im August 2014 kennengelernt haben."
(afp/dpa)

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