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TURNERS Thesen: Solidarität kann man nicht lehren

Die Ausbildung der Manager ist in die Kritik geraten. Nicht nur das Verhalten von Finanzjongleuren, das zu der aktuellen Wirtschaftskrise geführt hat, wird auf einen Mangel an ethischen Grundsätzen zurückgeführt, für deren Vermittlung im Studium offenbar kein Platz mehr sei.

Die Ausbildung der Manager ist in die Kritik geraten. Nicht nur das Verhalten von Finanzjongleuren, das zu der aktuellen Wirtschaftskrise geführt hat, wird auf einen Mangel an ethischen Grundsätzen zurückgeführt, für deren Vermittlung im Studium offenbar kein Platz mehr sei. Auch der Egoismus beim Einkassieren von Boni und Abfindungen sei so erklärbar. Auffällig ist, dass es zunehmend mehr Einzelfälle gibt, bei denen Manager keine Skrupel haben, die ihnen tatsächlich oder angeblich zustehenden Rechte extensiv auszuschöpfen, während ihnen das Schicksal der großen Zahl der Mitarbeiter gleichgültig zu sein scheint.

Bei Eigentümer-Unternehmern kann man beobachten, wie sie sich schwertun, Kündigungen bei „ihren“ Leuten auszusprechen. Bei angestellten Managern scheinen die Hürden niedriger zu liegen. Bei näherem Zusehen erklärt sich der Unterschied aber nicht aus der Perspektive des Eigentümers beziehungsweise des Managers, sondern aus der Solidarität gegenüber den Mitarbeitern. Diese ist naturgemäß größer, wenn jemand über längere Zeit einem Unternehmen vorsteht.

Die Vorstände der größten börsennotierten Unternehmen jedoch, waren nach Erhebungen im Jahr 2007 im Schnitt nur sechs Jahre im Amt; zehn Jahre zuvor betrug die Verweildauer noch zehn Jahre. CEOs verlieren ihre Jobs noch früher. Hier liegt die durchschnittliche Verweildauer bei knapp vier Jahren. Verantwortlich für das zunehmende Hire and fire an der Spitze der Unternehmen ist nicht zuletzt die Fixierung auf das, was heute unter dem Begriff Shareholder-Value begriffen wird, die Überbetonung von kurzfristig erwarteten Erfolgen und der unter diesem Aspekt von Analysten entwickelte Druck.

Ganz außer Acht lassen sollte man auch die Mitwirkung von Headhuntern nicht. Von Zeit zu Zeit ist es für beide, Personalberater und Klient, „interessant“ einen Wechsel einzuleiten. Die Identifikation mit dem Unternehmen und den Beschäftigten ist immer nur eine temporäre. Sie ist während der Zeit eines zeitlich begrenzten Engagements womöglich nicht so verankert, als wenn jemand über längere Zeit einem Unternehmen angehört und eine emotionale Bindung vorhanden ist. Eine von Spitzenkräften zu erwartende besondere Verantwortung für den Betrieb und die Mitarbeiter kann dann nachrangig werden. Solche Verhaltensweisen sind weniger dem Studium, auch nicht dem „System“, sondern dessen Handhabung zuzuschreiben.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine e-mail schicken: g.turner@tagesspiegel.de

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