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Wissen: „Unis im Klammergriff“

Grüne fordern mehr Geld für Hochschulen

Abiturienten, die an die Hochschule wollen, stehen vor großen Hürden. Bereits jetzt gibt es einen Numerus Clausus in vielen Fächern, und künftig drängen noch mehr Studierende an die Unis. Doch die Länder schießen nicht massiv zusätzliches Geld in ihre Hochschulen, um die Situation zu bessern. Ganz im Gegenteil kürzen einige Länder ihre Wissenschaftsetats sogar: Bayern, Hessen und Brandenburg etwa. Die Grünen machen dafür die Politik der Bundesregierung verantwortlich. „Der Bund hat die Länder finanziell im Klammergriff. Er entzieht ihnen die Finanzierungsgrundlage für die Hochschulen“, sagte Krista Sager, die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, dem Tagesspiegel.

Die Grünen fordern nun den Bundestag auf, eine Strategiegruppe einzusetzen, die überprüfen soll, ob die Finanzierungsstrukturen für die Wissenschaft noch zeitgemäß sind. Der Bund entziehe durch seine Steuerpolitik den Ländern viel Geld, das für die Unis fehle, argumentiert Sager. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz reiße zwischen 2010 und 2014 eine Lücke von 10,5 Milliarden Euro in die Länderhaushalte. Wegen der Schuldenbremse erhöhe sich der Spardruck weiter.

Auch die forschungspolitischen Initiativen der Bundesregierung setze die Länder finanziell unter Druck. Ein Beispiel: Der Pakt für Forschung, der einen Aufwuchs von fünf Prozent für die Wissenschaftsorganisationen vorsieht und vor allem den außeruniversitären Instituten zugute kommt. Der Pakt erfordere von den Ländern bis 2015 mindestens 1,6 Milliarden Euro an Gegenfinanzierung. Das Geld fehle den Ländern für die Unis, worunter vor allem die Lehre leide.

Während die Länder an der Grundfinanzierung sparen, steigt die Summe der Drittmittel, die in die Unis fließen. Das Verhältnis von Grund- zu Drittmitteln verschiebt sich so zuungunsten der Grundfinanzierung: Kamen im Jahr 2000 auf jeden Euro, den die Unis an Drittmittel einwarben, noch 3,96 Euro laufende Grundmittel, waren es im Jahr 2008 nur mehr 2,57 Euro, heißt es. Die Drittmittel kommen dabei zu zwei Dritteln von der öffentlichen Hand, vor allem von Bund. Die „Struktur der öffentlichen Mittelvergabe hat sich verschoben“, sagt Sager.

Kompensieren die Drittmittel die Grundmittel? Nein, sagen die Grünen. Ganz im Gegenteil habe der schleichende Finanzierungswechsel gravierende Folgen. Denn Drittmittel werden in Wettbewerben für Forschungsprojekte vergeben. Es profitieren also Unis in Bundesländern, die in der Vergangenheit „stärker in die Forschung und weniger in den Ausbau von Studienplätzen investiert haben“, heißt es. Länder, die sich in der Lehre engagierten, würden dagegen benachteiligt.

Die Grünen sehen das Finanzierungssystem der deutschen Wissenschaft zusätzlich durch „inoffizielle Kompensationsgeschäfte“ zwischen Bund und Ländern wie bei der Rettung der Uni Lübeck bedroht. Auch beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT), bei dem ein überwiegend vom Bund finanziertes Helmholtz-Institut mit der Uni Karlsruhe fusionierte, sei der Bund de facto in die Grundfinanzierung von Hochschulen eingestiegen. Diese Dynamik werde sich verstärken: Die Länder würden versuchen, „Probleme bei der Grundfinanzierung durch solche Verschmelzungen zu kompensieren“. Tilmann Warnecke

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