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"Hochschulwatch" kritisiert Wirtschaftssponsoring: „Unternehmen machen Unis abhängig“

Das Internetportal "Hochschulwatch" dokumentiert seit zwei Jahren Unternehmens-Sponsoring an Hochschulen. Die Initiatorinnen sehen weitgehende Verstrickungen - und die Freiheit der Wissenschaft in Gefahr.

Die FH Würzburg taufte 2006 ihr größtes Auditorium „Aldi-Süd-Hörsaal“. Google finanzierte das Institut für Internet und Gesellschaft der Humboldt-Uni drei Jahre lang mit 4,5 Millionen Euro. Und der Verband der norddeutschen Wirtschaft stiftete der FH Flensburg nicht nur das Institut für Windenergietechnik, sondern sitzt auch mehrheitlich im Beirat. Fälle wie diese beobachtet „Hochschulwatch“, ein Projekt von Transparency International, der Studierendenvertretung fzs und der „Tageszeitung“. Zwei Jahre lang konnten Dozenten, Studierende und andere auf dem Internetportal auf Verflechtungen mit der Wirtschaft hinweisen.

Mehr als 1,3 Milliarden Euro flössen aus der Wirtschaft jährlich an deutsche Hochschulen, doppelt so viel wie vor zehn Jahren, sagte Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International am Dienstag in Berlin. Die Hinweise auf über 10 000 Kooperationen habe man überprüft und durch Recherchen ergänzt.

Die Bereitschaft der Unis, zunehmend Geld von der Wirtschaft anzunehmen, hängt mit stagnierenden oder sinkenden Grundmitteln vom Staat zusammen. Insgesamt verdoppelte sich der Anteil der Drittmittel laut Statistischem Bundesamt seit dem Jahr 2000 auf 6,7 Milliarden Euro. 80 Prozent kamen aus öffentlichen Töpfen, 20 Prozent aus der Wirtschaft.

"Häppchenweise Aufgaben aus der Wirtschaft"

Unternehmen stiften Professuren, finanzieren Forschungsaufträge oder Stipendien. Die Hochschulen erweitern durch diese Kooperationen ihr Angebot in Lehre und Forschung, zum Beispiel in der Umwelt- und Verbraucherforschung. Die Kooperationen sind legal, solange Forschung und Lehre unabhängig bleiben. Doch wo fängt Beeinflussung an? „Solche Kooperationen gefährden sowohl die Pluralität von wissenschaftlichen Konzepten als auch die Atmosphäre, in der unabhängiges Denken entstehen kann“, sagt Edda Müller. Unis ließen sich häufig nicht nur finanzieren, sondern gewährten den Unternehmen auch Mitspracherechte, etwa bei der Auswahl der Deutschlandstipendiaten oder bei Lehr- und Forschungsinhalten. „Studierende und Lehrende verlieren die Selbstbestimmung über ihr Handeln und bekommen häppchenweise Aufgaben aus der Wirtschaft“, kritisiert auch Isabella Albert vom fzs.

Uni muss Stiftungsprofessuren dauerhaft finanzieren

Die meisten gestifteten Professuren laufen zudem nach ein paar Jahren aus, die Uni muss sie dann unbefristet weiterfinanzieren. Bei knappen Grundmitteln bedeutet das häufig, dass dafür bestehende und vor allem nicht wirtschaftsnahe Professuren, etwa in den kleinen Fächern, gestrichen werden.

Die Hochschulen sollten die Einzelheiten ihrer Kooperationsverträge vollständig offenlegen, fordert Hochschulwatch. Dafür brauche es neue Transparenzgesetze. Zwar gibt es in den meisten Bundesländern das Informationsfreiheitsgesetz, das Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden garantiert, dies gelte aber in keinem Land für alle Bereiche der Hochschulen. Deshalb habe die Initiative auch kaum etwas über das Sponsoring von Uni-Veranstaltungen von Unternehmen herausfinden können.

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