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Lieblingsstadt. Nicht nur die Clubs sind ein Grund, in Berlin zu studieren.

© imago/Votos-Roland Owsnitzki

Semesterstart: Warum studierst du in Berlin?

Anonym, voll, anstrengend: Den Charme einer kleinen Studentenstadt sucht man hier vergeblich. Und doch... Eine kleine Umfrage unter Berliner Studierenden

Vor einem Jahr gab es 175 917 Studierende in Berlin – das war Rekord. Die Berliner Senatsverwaltung rechnet damit, dass in diesem Semester noch mehr dazu kommen. Warum wollen immer mehr in Berlin studieren? Wir haben nachgefragt.

Anneke Thurau, 27, studiert Nordamerikastudien im 3. Mastersemester an der FU
Nach Berlin bin ich gekommen, weil ich schon immer in dieser Stadt leben wollte. Ich habe mich hier als Touristin vorher immer so wohl gefühlt. Meinen Bachelor habe ich in Amerikastudien in Mainz gemacht. Danach habe ich mich dann explizit hier umgesehen, und der Master am John-F.-Kennedy-Institut der FU entsprach genau meinen Interessen.

Meine Erwartungen an das Studium wurden eigentlich alle erfüllt, das Studium macht mir Spaß und gefällt mir thematisch. Vor allem im ersten Semester waren aber die Hörsäle viel zu voll. In Bezug auf das Leben in Berlin habe ich mir schon gedacht, dass es Zeit brauchen wird, anzukommen.

Anneke Thurau.

© Völlinger

Man kann hier schon schnell untergehen. Ich habe aber mittlerweile meinen Stammkiez mit Freunden und einer Stammkneipe. Man kann sich eben nicht überall in Berlin zuhause fühlen, sondern nur an einigen Ecken. Ich kann mir auch sehr gut vorstellen, nach dem Studium hier zu bleiben. Als Geisteswissenschaftlerin hat man in Großstädten auch bessere Jobchancen.

Xiao Dan, 24, ist Promotionsstudentin in Erziehungswissenschaften im zweiten Jahr an der FU

Ein Promotionsstudium kam für mich in Berlin in Frage, weil ich an dem Programm meines Dozenten an der FU teilnehmen wollte. Es passt sehr gut zu dem, was ich noch lernen wollte. Ich habe in China meinen Bachelor und meinen Master gemacht. Danach wollte ich meinen Horizont erweitern. Ich mag auch die Atmosphäre an der FU. Das Programm hier passt zu meinen Vorstellungen, weil ich vor allem mehr über Forschungsmethoden lernen wollte.

Xiao Dan.

© Völlinger

Ich beschäftige mich hier mit dem Klassenraum-Management. Und ich kann meine Kenntnisse über quantitative Methoden und Statistik verbessern. Methoden der Videoanalyse sind ein Schwerpunkt und werden hier gut vermittelt. Meine Erwartungen haben sich also erfüllt. Ich mache nebenbei auch einen Deutschkurs an der FU. Der bringt mich wirklich weiter und mir gefällt sehr gut, dass wir so viel Teamarbeit machen.

Für meine Entscheidung für Berlin war also das akademische Angebot ausschlaggebend. Berlin selbst ist eine sehr moderne Stadt. Es gibt aber auch viele historische Orte und Museen, die ich gerne besuche, am liebsten das Pergamonmuseum.

In Bezug auf das Studium ist allerdings ein Nachteil, dass es nicht genug Kurse auf Englisch gibt. Das ist ein Problem für internationale Studierende. Für mich als Promotionsstudentin vielleicht nicht so sehr, aber besonders für Bachelor- und Masterstudierende aus dem Ausland.

Björn Giesecke, 26, studiert Visuelle Kommunikation im 5. Semester an der UdK
Ich habe mich an den Kunsthochschulen in Berlin und Hamburg beworben, wobei mein Bauch für Berlin entschied. Vor dem Studium wusste ich noch nicht viel über die Universität der Künste, aber der Ruf ist extrem gut. Zu der Zeit sind auch viele meiner Freunde aus Rostock hergezogen und auch meine Freundin wohnte schon hier. Das hat die Entscheidung schon stark beeinflusst, obwohl ich jetzt auch für ein Semester nach Hamburg gehe.

Ich bin überzeugt, dass jeder Berliner Student auch wegen der Stadt hier ist. Im Grafikdesign lerne ich von der Stadt genauso viel wie an der Uni. Richtig zur Ruhe komme ich nur, wenn ich rausfahre. Ich weiß aber nicht, ob man Berlin eine Studentenstadt nennen kann. Vorher habe ich in Rostock studiert, dort war es ganz klar: Man sieht sich in der Uni, im Supermarkt und im Club, alles beiläufig. Der Freundeskreis ist über alle Studienfächer verstreut. In den Semesterferien ist die Stadt gefühlt leer. Dafür ist Berlin zu groß.

Björn Giesecke.

© Völlinger

Wichtiger als die Clubszene ist mir, dass Berliner Grafikstudios in einer hohen Liga im Grafikdesign mitspielen und man hierherkommt, um sich selbst zu verwirklichen. Das ist für mein Studium und auch die Zeit danach perfekt. Vielleicht mache ich mit meinen Kommilitonen zusammen etwas auf, die schätze ich sehr und sie sind unglaublich auf zack. Ich denke, dass Berlin meine Basis bleibt, auch wenn ich mal weggehe.

Viola Schmidt, 23, studiert Physik und Mathematik im 3. Semester des Lehramtsmasters an der Humboldt-Universität

Eigentlich wollte ich gar nicht unbedingt nach Berlin. Aber zwei gute Freundinnen von mir wollten unbedingt zum Studieren hierher. Wir sind vorher zusammen nach Berlin gefahren, haben uns alles angesehen und dann hat es mir gefallen. Die HU mitten in der Stadt fand ich sehr eindrucksvoll. An der Stadt selbst hat mir die Offenheit gut gefallen, die Möglichkeiten feiern zu gehen und die Kulturangebote.

Damals wusste ich allerdings nicht, dass die Naturwissenschaften in Adlershof sitzen. Als ich es erfahren habe, fand ich das erst schade. Jetzt fühle ich mich in Adlershof aber sehr wohl. Unsere Ansprechpartner in den Fächern geben sich viel Mühe und kümmern sich. Ich mag auch den abgeschlossenen Campus, wo man sich kennt. Wenn ich doch mal Vorlesungen in Mitte habe, komme ich mir da manchmal etwas verloren vor. Das Pendeln raubt außerdem Zeit. Für mich geht das noch, aber wer eine Fächerkombination hat mit einem Fach in Mitte und einem in Adlershof, hat echt einen Nachteil.

Viola Schmidt.

© Völlinger

In meiner Freizeit versuche ich die Kulturangebote zu nutzen, in die Oper, ins Theater oder in Museen zu gehen. Mache ich aber weniger als gedacht, man hat dann ja doch oft andere Sachen zu tun. Reine Studentenstädte, die kleiner sind, haben natürlich auch ihren Charme und sind vielleicht etwas gemütlicher. Aber mir gefällt hier, dass so viele Austauschstudenten kommen. Man lernt viele neue Freunde kennen und bekommt viel aus anderen Ländern mit. So konnte ich sogar mein Englisch verbessern.

Lennart Schilling, 19, studiert Maschinenbau im 3. Bachelorsemester an der TU
Ich komme aus Berlin, das ist meine Heimat und meine Lieblingsstadt. Deshalb hat auch nicht in erster Linie das Angebot der Uni meine Entscheidung für Berlin bestimmt. Meine Stärken lagen schon in der Schule im mathematischen und technischen Bereich. Da hat sich Maschinenbau angeboten und die TU ist ja auch eine gute Uni dafür. Ich habe erwartet, dass man viel für das Studium machen muss und das hat sich bestätigt. Ich bin aber motivierter als noch in der Schule, weil ich das richtige Studium für mich gefunden habe. Da ist es dann leichter, etwas dafür zu tun.

Lennart Schilling.

© Völlinger

Schlecht ist, dass die Tutorien relativ überfüllt sind. Außerdem habe ich manchmal das Gefühl, dass es Raummangel an der TU gibt. Vor allem sind die Bibliotheks- und Lernplätze begrenzt. Deshalb komme ich zum Lernen oft an die FU. Das Studium steht für mich aber nicht über allem, deshalb ist für mich auch die Stadt wichtig. Hier habe ich eben auch meinen alten Freundeskreis. Ich glaube, dass Berlin schon eine optimale Studentenstadt ist. Es wird zwar immer voller, aber ich studiere immer noch sehr gerne hier.

Aufgezeichnet von Veronika Völlinger. - Lesen Sie hier: Warum nicht alle Berliner Abiturienten einen Studienplatz in der Hauptstadt bekommen.

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