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Planet

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Weltraumforschung: Auf der Suche nach einer zweiten Erde

Mit einem neuen Satelliten wollen Forscher erdähnliche Planeten finden – und nicht nur Gasriesen.

Von Rainer Kayser, dpa

Als im Herbst 1995 zwei Schweizer Astronomen die erste Entdeckung eines Planeten bei einem anderen Stern meldeten, ahnten selbst die Fachleute nicht, wie rasant sich daraus ein neues Forschungsgebiet entwickeln würde. Inzwischen haben die Himmelsforscher mehr als 300 solcher „Exoplaneten“ aufgespürt und die Erforschung der fernen Welten schreitet mit Riesenschritten voran. Im November 2008 präsentierte ein Astronomenteam das erste echte Foto eines Exoplaneten im sichtbaren Licht – was vom Forschungsmagazin „Science“ als einer der wichtigsten Durchbrüche in der Wissenschaftswelt des vergangenen Jahres gefeiert wurde. Und einer anderen Forschergruppe gelang es nun erstmalig, Wasserdampf in der Atmosphäre eines heißen Riesenplaneten nachzuweisen.

Doch auf ein Erfolgserlebnis warten die Wissenschaftler noch immer: auf die Entdeckung eines erdähnlichen Planeten, einer Welt mit der richtigen Beschaffenheit und der richtigen Umlaufbahn, um Lebewesen eine Heimstatt bieten zu können.

Bislang haben die Astronomen bei ihrer Jagd nach Planeten bei anderen Sternen vorwiegend auf eine bestimmte Methode gesetzt: Sie suchen nach einem leichten Torkeln der Sterne, das von der Anziehungskraft ihrer Begleiter hervorgerufen wird. Denn genau genommen kreist ein Planet nicht um seinen Stern, sondern beide um ihren gemeinsamen Schwerpunkt, der sich je nach ihrer Massenverteilung irgendwo zwischen den Himmelskörpern befindet. Auch der Stern bewegt sich also, was dazu führt, dass die von ihm ausgesandte Strahlung minimale Veränderungen zeigt – je nachdem, ob er auf einen Beobachter zufliegt oder von ihm weg.

Sogar die Atmosphäre der Planeten kann untersucht werden

Doch dieses auf dem Dopplereffekt basierende Verfahren hat einen entscheidenden Nachteil: Es bevorzugt große Planeten auf engen Umlaufbahnen, da diese ihre Zentralsterne am stärksten in Bewegung versetzen. Kein Wunder also, dass die Astronomen zunächst hauptsächlich Riesenplaneten aufspürten, die ihre Sterne dichter umkreisen als Merkur unsere Sonne.

Deshalb kommt zunehmend eine zweite Methode zum Einsatz. Dabei setzen die Astronomen auf den Zufall. Da die Bahnen der Planeten völlig regellos im Raum orientiert sind, sollten sie bei einigen Sternen zufällig genau in unserer Blickrichtung liegen. In diesem Fall ziehen die Planeten von der Erde aus gesehen bei jedem Umlauf einmal vor dem Stern vorüber. „Transit“ nennen die Forscher ein solches Ereignis, bei dem der Planet einen kleinen Teil des Sterns verdeckt und dadurch dessen Helligkeit geringfügig abschwächt. Je nachdem, wie groß die Helligkeitsveränderung ist, können Astronomen die Größe des Planeten ableiten. Und aus der zeitlichen Abfolge der Transits wiederum ergibt sich die Umlaufzeit.

Die Transits erlauben es den Forschern sogar, die Atmosphäre der Planeten zu untersuchen. Carl Grillmair vom Spitzer Science Center in Pasadena und seine Kollegen beobachteten die „sekundären Transits“ des Planeten HD 189733b, bei denen er nicht vor, sondern hinter seinem Stern vorüberzog. Dann subtrahierten sie die während der Passage gemessene Strahlung von der vor dem Transit gemessenen Strahlung – übrig blieb die Eigenstrahlung des Planeten. Und siehe da: Deutlich zeigte sich eine dunkle Linie im Infrarot-Spektrum, die von den Wissenschaftlern auf die Existenz von Wasserdampf zurückgeführt wurde. Sogar die Kohlenstoffverbindung Methan konnte auf dem fernen Planeten nachgewiesen werden.

Satellit "Corot" überwacht mehrl als 120.000 Sterne

Allerdings bedeutet diese Entdeckung nicht, dass es auf HD 189733b Leben geben könnte. Der Planet ist etwa so groß wie Jupiter, der größte Planet unseres Sonnensystems, und umkreist seinen 63 Lichtjahre entfernten Stern alle 2,2 Tage auf einer extrem engen Umlaufbahn. Doch schon bald könnten auch kleinere, erdähnliche Planeten mit der Transitmethode untersucht werden.

Große Hoffnungen setzen die Astronomen dabei auf den Satelliten „Corot“, der seit zwei Jahren die Erde umkreist. Er überwacht mit seinem 27-Zentimeter-Teleskop die Helligkeit von mehr als 120.000 Sternen, um nach der verräterischen Lichtabschwächung durch Planeten Ausschau zu halten.

„Wir rechnen damit, rund 100 neue Planeten zu finden“, sagt der an der „Corot“-Mission beteiligte Astronom Didier Queloz von der Sternwarte Genf. „Und darunter sollten etwa zehn kleine, felsige Planeten sein.“ Bisher haben die Forscher allerdings nur die Entdeckung von drei großen Gasplaneten gemeldet. Doch im Februar findet in Paris eine große Fachkonferenz zur Präsentation der Corot-Ergebnisse der ersten zwei Jahre statt – und darunter werden vermutlich auch zahlreiche weitere Planetenentdeckungen sein.

Vielleicht findet man eine "große Schwester" der Erde

Die Instrumente auf Corot arbeiten so genau, dass Himmelskörper bis hinunter zur zweifachen Größe der Erde nachgewiesen werden können. Allerdings kann der Satellit nur Planeten mit Umlaufzeiten von bis zu 50 Tagen aufspüren. Denn er beobachtet die ausgewählten Himmelsregionen für jeweils 150 Tage. Und nur wenn sich in dieser Zeit eine Helligkeitsabschwächung zumindest dreimal periodisch wiederholt, können sich die Astronomen sicher sein, dass es sich wirklich um Planeten-Transits handelt. „So können wir zwar keinen Zwilling, aber vielleicht eine große Schwester der Erde entdecken“, sagt Queloz.

Die Entdeckung einer echten „zweiten Erde“ bleibt damit dem voraussichtlich im März startenden US-Satelliten „Kepler“ vorbehalten. Mit einem doppelt so großen Teleskop wie Corot ausgestattet, soll Kepler 100.000 Sterne mindestens vier Jahre lang ohne Unterbrechung auf Helligkeitsschwankungen überwachen. Damit ist Kepler auf Planeten in erdähnlichen, lebensfreundlichen Umlaufbahnen um sonnenähnliche Sterne spezialisiert.

Beobachtungen mit dem als Nachfolger des Weltraumteleskops „Hubble“ geplanten James Webb Space Telescope könnten schon in wenigen Jahren Informationen über die Atmosphäre der von Kepler entdeckten Planeten liefern. Und vielleicht sogar Hinweise auf Leben: Denn biologische Aktivität verändert die Atmosphäre eines Planeten, sie gerät aus dem chemischen Gleichgewicht. So könnte ein hoher Sauerstoffanteil den ersten Hinweis auf Leben auf einem fernen Planeten liefern.

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