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Wissen: „Wir sind besser“

Wie die Humboldt-Universität mit der Niederlage im Elitewettbewerb umgeht

„Ich gratuliere der Humboldt-Universität. Und das sage ich aus voller Überzeugung.“ Berlins Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner, der am Dienstag in den Akademischen Senat (AS) der HU gekommen war, tat sein Bestes, um die Uni-Angehörigen über die Niederlage im Elitewettbewerb hinwegzutrösten. Die HU, führte der Senator aus, habe ja erfolgreich bei den Graduiertenschulen und den Clustern abgeschnitten. Die FU habe sich in der dritten Förderlinie dann noch das „Sahnehäubchen“ geholt.

Der Elitestatus nur ein verzichtbares „Sahnehäubchen“ – das mag der überraschend im Exzellenzwettbewerb gescheiterten HU gutgetan haben. Doch nur ein Teil der Uni gehört zur „Sahnehäubchenfraktion“ und sieht – nach dem ersten Schreck – das Scheitern der Uni eher gelassen. Ein anderer Teil hingegen macht sich inzwischen noch größere Sorgen als unmittelbar nach der Entscheidung. Denn jetzt liegt die Begründung des Wissenschaftsrats für die Ablehnung des HU-Antrags auf dem Tisch.

Ihre Positionen tauschten die Mitglieder des AS am Dienstag nicht öffentlich aus, bevor der Senator kam, um für seine Superuni zu werben. Grundlage für die Diskussion über den Elitewettbewerb war das Schreiben des Wissenschaftsrats an HU-Präsident Markschies. Deutlicher noch als im Bewertungsbericht (Tsp. vom 16. November) werden darin die Mängel des HU-Antrags benannt: Der Wissenschaftsrat würdigt zwar die „Leitidee“ des Zukunftskonzepts, in dessen Mittelpunkt das Institut für integrative Lebenswissenschaften steht. Doch er macht sehr deutlich, dass eine gute Idee nicht reicht: Er vermisse „ein konturiertes inhaltliches und organisatorisches Konzept zur Umsetzung“ sowie einen „aussagekräftigen Entwicklungs- und Finanzierungsplan“. Deshalb sei es „unklar“, „ob mit dem Zukunftskonzept eine Initialwirkung für die ganze Universität erzeugt werden könne“. Die „interne Akzeptanz der Maßnahmen“ sei „gefährdet“.

Wie massiv ist die Kritik der Gutachter? Darüber gehen die Meinungen an der HU auseinander. Mancher habe in der Sitzung „Luft abgelassen“, sagte ein AS-Mitglied. Einige Professoren hätten auf die „harte Kritik“ des Wissenschaftsrats hingewiesen und von „grundsätzlichen Mängeln“ im Konzept gesprochen. Sie hätten infrage gestellt, inwieweit das Zukunftskonzept überhaupt als Grundlage für die weitere Entwicklung der HU herangezogen werden könne. Andere hätten dagegen gemeint, die Uni müsse jetzt gleichwohl mit der Konkretisierung des vorgelegten Zukunftskonzeptes beginnen. Kritik sei auch am HU-Präsidenten laut geworden. Einige Professoren hätten Markschies aufgefordert, er müsse endlich auch „Fehler eingestehen“, hieß es nach der Sitzung. Es sei zwar unbestritten, dass Markschies „wenig Zeit“ für die Ausarbeitung des Antrags gehabt hätte. Der Zeitfaktor könne aber nicht der einzige Grund für das Scheitern sein, hätten Professoren kritisiert. Ein AS-Mitglied sagte nach der Sitzung, die Kritik, die im Brief am Zukunftskonzept der HU geäußert wird, sei „zutreffend“. Es sei klar, dass der Antrag zu wenig ausgearbeitet gewesen wäre: „Da war zu viel Vision und zu wenig Konturen.“ Auf der Grundlage des Antrags hätte die Uni bei einem Sieg im Elitewettbewerb „nicht starten können“. „Die wahre Strukturdebatte an der HU fängt jetzt erst an“, sagte ein Professor nach der Sitzung.

Ein Studierendenvertreter sagte, er empfinde die Kritik des Wissenschaftsrats als „relativ unpräzise“. Das mache eine Diskussion „ein bisschen schwierig“. In dem Brief stehe „nichts, wovor wir nicht schon vor Monaten gewarnt haben“.

Eine Wissenschaftlerin hingegen hält die Botschaft des Briefes für völlig klar: Im Kern werde das Konzept dafür kritisiert, dass ihm „klare Vorstellungen zur Entwicklung der Entscheidungs- und Organisationsstruktur der Universität und ein Finanzplan“ fehlten. Nicht übersehen werden dürfe auch der Hinweis, der Plan könne Teile der Uni ausschließen.

Die Aufforderung, sich von dem Konzept abzuwenden, lasse sich aus dem Brief jedenfalls keineswegs herauslesen, sagte der Wirtschaftswissenschaftler Ulrich Kamecke nach der Sitzung auf Anfrage. Die Humboldt-Universität habe Zeit vertan, weil ihr Antrag in der ersten Runde des Wettbewerbs sofort ausgeschieden war. Das sei aber den für den jetzigen Antrag Verantwortlichen nicht anzulasten. Der Mathematiker Jochen Brüning, der selbst an dem aktuellen Antrag mitgearbeitet hat, sagte, es habe einen Ermessensspielraum gegeben. „Die Entscheidung hätte auch anders fallen können.“

„Keinen Beinbruch“ sieht der Germanist Hartmut Böhme in dem Urteil: „Manche Unis, die durchgekommen sind, sind gar nicht unsere Liga. Wir sind besser.“ Eine Wissenschaftlerin sagte, die Uni müsse den Hinweis der Gutachter, an der HU gebe es keine Frau im Präsidium, als Aufforderung verstehen. Die HU müsse die anstehenden Wahlen zweier Vizepräsidenten nutzen, „Geschlechtergerechtigkeit“ herbeizuführen.

Für die nächste Sitzung werden nach Darstellung eines AS-Mitglieds „verschiedene Anträge“ dazu erwartet, wie die Zukunft der HU gestaltet werden soll.

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