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Forschende in der Berliner Staatsbibliothek Unter den Linden.

© Mike Wolff, TSP

"Wissenschaftsschranke": Grüne wollen Urheberrecht für Wissenschaft ändern

Die Grünen fordern, das Urheberrecht für die Wissenschaft ändern. Gerade bei digitaler Literatur würden sich Forscher und Studierende derzeit in einer rechtlichen Grauzone bewegen.

Wenn Professorinnen und Professoren ihren Studierenden Literatur in einem digitalen Handapparat bereitstellen, können sie schnell in rechtliches Niemandsland geraten. Zwar gibt es durchaus Ausnahmen im an sich strengen Urheberrecht. Die gestatten es zum Beispiel, Aufsätze aus Zeitschriften zu scannen und an Studierende weiterzuleiten, ohne dafür immer eine Genehmigung vom Verlag einzuholen.

Doch die für Bildung und Wissenschaft relevanten Ausnahmen – im Fachjargon „Schranken“ genannt – sind oft begrenzt und zudem nicht wirklich verständlich formuliert. „Das führt zu großer Rechtsunsicherheit für Forscher, Wissenschaftler und Lehrer, aber auch für Infrastruktureinrichtungen wie Bibliotheken, Archive und Museen“, heißt es in einem Gutachten der Jura-Professorin Katharina de la Durantaye (HU Berlin), das im Rahmen eines vom BMBF geförderten Forschungsprojektes entstand.

Große Rechtsunsicherheit für Wissenschaftler und Studierende

Eine allgemeine, weitreichende Bildungs- und Wissenschaftsschranke, die Rechtssicherheit für Forschende und Studierende schafft, ist daher oft gefordert worden. Union und SPD selbst haben die Einführung einer solchen Ausnahmeregelung in ihrem Koalitionsvertrag versprochen und dieses Vorhaben im Rahmen ihrer „Digitalen Agenda“ bekräftigt. Geschehen ist gleichwohl wenig. Nun bringen die Grünen einen Antrag im Bundestag ein, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, einen Gesetzentwurf für eine allgemeine Bildungs- und Wissenschaftsschranke im Urheberrecht vorzulegen.

„Studierende, Forschende und Lehrende müssen die digitalen Möglichkeiten nutzen können, statt kriminalisiert zu werden“, erklärt Kai Gehring, wissenschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag. Es müssten faire Nutzungsbedingungen und Rechtssicherheit geschaffen werden. Renate Künast, grüne Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, erklärt, es sei "längst überfällig, den Zugang zu Wissen erleichtern und das Urheberrecht bildungs- und wissenschaftsfreundlich zu gestalten".

Der Grünen-Antrag fordert, einen möglichst umfassenden Zugang zum Wissen „praxistauglich“ zu regeln und zu vereinfachen. Es müsse möglich sein, ein Werk für Lern- und Lehrzwecke oder für die Forschung zu vervielfältigen und öffentlich zugänglich zu machen, solange das keinem kommerziellen Zweck diene. Auch die Verleihbarkeit digitaler Inhalte durch Bibliotheken müsse fairer geregelt werden. Die Bundesregierung solle sich auf EU-Ebene für eine Vereinheitlichung der Rechtslage einsetzen.

In welchem Umfang dürfen Kopien an Unis und Schulen genutzt werden?

Wie aus dem Gutachten von de la Durantaye hervorgeht, fangen die Unsicherheiten derzeit schon bei der Frage an, in welchem Umfang Kopien von Büchern und Aufsätzen in der Schule und in der Uni genutzt werden dürfen. Vervielfältigungen „kleiner Teile“ von Werken beziehungsweise von Werken „geringen Umfangs“ sind laut Gesetzestext für Unterricht und Prüfungen gestattet.

Um wie viele Seiten es sich dabei handeln darf, ob es eine fest definierte Grenze gibt, ist jedoch umstritten. Ebenfalls unklar ist etwa, ob Studierende Texte aus einem elektronischen Semesterapparat nur am Bildschirm lesen oder diese auch ausdrucken dürfen. Verlage und Länder streiten zudem, welche Nutzungsgebühren im Rahmen der bestehenden Schranken gezahlt werden müssen. Eine umfassende Neuregelung könnte auch diesen Punkt klären.

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