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Immer mehr Sitze im Hörsaal drohen leer zu bleiben: Die Studierendenzahl geht in Berlin zurück.

© Imago/Jochen Eckel

Zum Wintersemester: Die Bewerbungszahlen lassen an Berliner Hochschulen nach

Mehrere Hochschulen in Berlin verzeichnen geringere Bewerbungszahlen. Doch das bedeutet nicht unbedingt, dass auch weniger Studienanfänger kommen werden.

Es war eine Premiere. Zum ersten Mal in 15 Jahren gingen die Studierendenzahlen bundesweit zurück. In Berlin ebenso: um 5.400 (2,7 Prozent) auf 198.000. Nur in vier Bundesländern war das Minus größer als in der Hauptstadt. Das war im vergangenen Wintersemester 2022/23. 

Interessanterweise stiegen die Studienanfänger-Zahlen im Gegensatz dazu sogar an, in Deutschland und in Berlin. Doch exmatrikulierten sich mehr ältere Studierende, als neue hinzukamen. Und wie sieht es dieses Jahr aus? Setzt sich die Abwärtsbewegung fort, oder gelingt den Hochschulen, den Studienanfänger-Zahlen folgend, die Trendumkehr?

Zehn Prozent weniger Bewerbungen an der TU

Amtliche Ergebnisse gibt es vom Statistischen Bundesamt erst Ende November, auch läuft vielerorts die Einschreibefrist noch. Umso spannender sind die aktuellen Bewerberzahlen, und zu denen die großen Berliner Hochschulen auf Anfrage des Tagesspiegels jetzt Angaben machen. Tenor: Mehrheitlich gibt es weniger Bewerber, aber nicht durchgängig. Und ob am Ende auch weniger Studienanfänger stehen, ist noch nicht klar. 

Beispiel Technische Universität Berlin: „Wir haben zum Wintersemester gut 12.000 Bewerbungen für zulassungsbeschränkte Studiengänge, das sind rund zehn Prozent weniger als im Vorjahr“, teilt TU-Sprecherin Steffi Terp mit, allerdings sei ein Teil des Rückgangs darauf zurückzuführen, dass es dieses Wintersemester nur noch 27 statt 29 NC-Bachelor gebe. 

61,2 %
der Studiengänge in Berlin haben einen Numerus Clausus

Hier befindet sich die TU interessanterweise im bundesweiten, aber nicht im Berliner Trend: Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) meldete im Juli, dass der Anteil der NC-Fächer dieses Wintersemester bundesweit erneut zurückging, von 39,7 auf 37,9 Prozent – in Berlin aber sogar minimal auf 61,2 Prozent anstieg. 

Bei den zulassungsfreien Studiengängen liegen an der TU dagegen noch nicht alle Bewerbungen vor, hier gehe man aber etwa vom Stand des Vorjahres aus. Und bei Masterstudiengängen gehe es mit insgesamt 4.200 Bewerbungen um etwa drei Prozent hoch. „Die Gesamtzahl steht jedoch erst am Ende“, betont Terp. Bis Anfang Oktober würden noch Nachrückverfahren geführt.

An der BHT sieht es ähnlich aus

Ein ähnliches Bild an der Berliner Hochschule für Technik (BHT): Die 9928 Bewerbungen fürs erste Fachsemester und höhere Fachsemester seien rund 1.200 weniger als im Vorjahr. Sprecherin Monika Jansen sagt, es habe etwa im Bachelor Medieninformatik statt 611 Bewerbungen diesmal 472 gegeben – und im Studiengang Architektur statt 2000 noch 1500 Bewerber – auf 90 Studienplätze wohlgemerkt.

Was vor allem zeigt, dass zwar die Chancen für die Bewerber steigen, aber die Zahl der immatrikulierten Studierenden zumindest in den zulassungsbeschränkten Studiengängen gleich bleibt. Bisher seien 1996 Bewerbende eingeschrieben worden, sagt Monika Jansen von der BHT, „Tendenz steigend, da die Studienverwaltung weiterhin immatrikuliert“. 

Einen kräftigen Rückgang meldet die Alice-Salomon-Hochschule: Statt über 1700 Bewerber im Wintersemester 2022/23 für Bachelor und Master (ohne Weiterbildung) sind es jetzt 1.333, wobei bis Ende September noch einige dazu kommen könnten. Im vergangenen Wintersemester habe es stets rund 500 Studierende im ersten Fachsemester geben, aktuell steht die Zahl bei 384.

An der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) in Schöneberg gab es ebenfalls spürbares Bewerberminus – allerdings nur im Bachelor (4,8 Prozent) auf 4.155. Während das Plus 11,8-Prozent-Plus (auf 2.671) im Master so stark ausfällt, dass unterm Strich sogar 72 Bewerber mehr standen.

Deutlich stärker interessanterweise das Wachstum bei den Immatrikulationen: von 1.523 auf 1.763, wobei HWR-Sprecherin Sylke Schumann betont, die Zahlen seien noch mit einem „dicken Vorläufig“ zu bewerten, weil noch nicht alle Bewerber internationaler Studierender verbucht seien. 

Das Lehramt legt kräftig zu

Differenziert zu betrachten sind auch die Zahlen an der Freien Universität Berlin. Während sich mit 705 jungen Menschen nur noch gut die Hälfte um ein Orientierungsstudium bewarben, gibt es bei den Bachelor- und Staatsexamens-Studiengängen abseits des Lehramts einen minimalen Rückgang um 129 auf 34.017 Bewerber.

Doch die schöne Nachricht: Die Bewerber für ein Lehramtsstudium heben ab, um satte 30 Prozent auf 5.848. Zu den Immatrikulationszahlen könne man bislang keine Übersicht vorlegen, da noch Fristen und Nachrückverfahren liefen, sagt Christine Xuân Müller von der FU-Stabstelle Kommunikation und Marketing. 

Den rückläufigen Trend bei den Antragszahlen „gestoppt bzw. unterbrochen“ sieht man an der Humboldt-Universität (HU): 31.100 Bewerbungen, rund fünf Prozent mehr als vor einem Jahr. Bislang seien etwa 12.600 Zulassungsbescheide versandt worden, wegen der üblichen Mehrfachbewerbungen rechnet die HU mit rund 7.450 Studierenden im ersten Fachsemester.

Doch das sei vorläufig, versichert Pressesprecherin Heike Bräuer. Bis Dezember würden das noch mehr werden. Zum Vergleich: Im Dezember 2022 waren 8.090 Fach-Erstsemester eingeschrieben.

Der große Einbruch bei den Studierendenzahlen könnte den Berliner Hochschulen also erspart bleiben. Doch wie bei der Unterschied zwischen Bewerbungen und Einschreibungen zeigt, erfolgt die Abrechnung erst am Ende. 

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