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Da sich die Zahl der schulpflichtigen Kinder aus Flüchtlingsfamilien erhöht, soll auch die Anzahl von Lehrern für "Deutsch als Zweitsprache" steigen.

© dpa

Zuwanderung: Immer mehr Flüchtlinge brauchen einen Schulplatz

2014 sind fast 100.000 schulpflichtige Kinder und Jugendliche zugewandert. 300.000 Flüchtlingskinder sollen in den nächsten zwölf Monaten kommen. Die Schulen sind überfordert.

Die Zahl der Zuwanderer im schulpflichtigen Alter wächst. Knapp 100.000 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 18 Jahren kamen 2014 nach Deutschland – viermal so viele wie 2006. Das ergab eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Fremdsprache. Die Zahl bezieht sich nicht nur auf Geflüchtete, sondern auf alle neu zugewanderten Kinder und Jugendlichen. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) rechnet außerdem in den kommenden zwölf Monaten mit 300.000 zusätzlichen Schülern, die allein oder mit ihren Eltern nach Deutschland geflüchtet sind.

Faktisch vom Schulbesuch ausgeschlossen

„Die Frage, wie neu zugewanderte Kinder und Jugendliche im Bildungssystem aufgenommen werden können, ist jahrelang vernachlässigt worden“, sagte Michael Becker-Mrotzek vom Mercator-Institut. Dabei bestehe großer Nachholbedarf besonders bei der Schulpflicht, die nicht in allen Teilen Deutschlands einheitlich geregelt ist: Nur in Berlin und im Saarland gilt die gesetzliche Schulpflicht für Geflüchtete uneingeschränkt von Anfang an. In den anderen Bundesländern gilt sie nicht für Kinder ohne Aufenthaltsstatus oder vor Beginn des Asylverfahrens. Dabei dauern die Verfahren aber oft mehrere Monate, teilweise länger als ein Jahr. „Auch wenn in diesem Zeitraum ein Recht auf Schulbesuch besteht, sind die Kinder und Jugendliche faktisch vom Schulbesuch ausgeschlossen“, kritisiert Mona Massumi, Mitautorin der Studie.

Wenig Orientierung für die Schulen

Außerdem wird laut der Studie in vielen Bundesländern nicht systematisch erhoben, wie viele neuzugewanderte Schüler ohne Deutschkenntnisse tatsächlich an den Schulen sind. So sei es kaum möglich, den Bedarf an Lehrkräften rechtzeitig einzuschätzen. Für die Schulen gebe es außerdem wenig Orientierung, wie der Unterricht für die zugewanderten Kinder organisiert werden sollte. In der Praxis gibt es ein breites Spektrum: Zum Teil werden die Kinder vom ersten Tag an in normalen Klassen unterrichtet. Es gibt aber auch parallel geführte Klassen, in denen die Schüler zuerst Deutsch lernen und später sogar einen Schulabschluss erwerben können.

Lehrerbedarf kann voraussichtlich nicht gedeckt werden

Auch in einem Paket mit bildungspolitischen Maßnahmen für Flüchtlinge und Asylsuchende, das die GEW am Donnerstag vorgestellt hat, steht das Deutschlernen Mittelpunkt. „Alle Flüchtlinge und Asylsuchende müssen von Anfang an Zugang zu Bildung bekommen“, sagte GEW–Vorsitzende Marlis Tepe. An den Schulen müssten Lehrkräfte in einem Sofortprogramm für „Deutsch als Fremd- und Zweisprache“ qualifiziert werden. Für je 100 000 zusätzliche Schüler seien gut 8000 Lehrkräfte nötig, um den Kindern und Jugendlichen ein gutes Schulangebot zu machen. Demnach sind in den kommenden zwölf Monaten 24 000 zusätzliche Lehrkräfte notwendig. Außerdem würden aber auch Schulpsychologen, Sozialarbeiter und Erzieher gebraucht.

Die von den Schulen neu eingestellten Pädagogen sollten über die Qualifikation „Deutsch als Zweitsprache“ verfügen, erklärte Tepe. Da der Bedarf voraussichtlich nicht gedeckt werden könne, regt die GEW-Vorsitzende auch an, pensionierte Lehrer zurückzuholen.

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