zum Hauptinhalt

Deutsche Bank: Unfaire Wetten mit Kommunen

Zinsgeschäfte brachten Städten Millionenverluste.

Das Urteil hätte kaum härter ausfallen können. Die Deutsche Bank habe „die Risikostruktur des Geschäfts bewusst zu Lasten des Kunden und zu ihrem Vorteil gestaltet“, stellte der Richter fest. Dabei habe die Bank ihre Beratungspflicht verletzt und dem Kunden ein Produkt verkauft, „das bis zum finanziellen Ruin“ hätte führen können. Der Kläger habe darum Anspruch auf Ersatz des Schadens von mehr als einer halben Million Euro, der ihm durch den Kauf des Produkts bei der Deutschen Bank entstanden sei.

So urteilte der Bundesgerichtshof im März 2011 in letzter Instanz über ein Geschäft mit Wetten auf Zinsdifferenzen, das der Hygieneartikel-Hersteller Ille bei der Deutschen Bank gezeichnet hatte. Das war nicht nur ein weiterer Schlag für den von Josef Ackermann beschworenen „guten Ruf“ der Deutschen Bank, sondern auch politisch brisant. Denn ähnliche Deals hatte der Geldkonzern auch mit rund 200 deutschen Kommunen oder deren Betrieben geschlossen. Die dabei erlittenen Verluste belaufen sich nach Schätzung des in zahlreichen Verfahren engagierten Münchner Anwalts Jochen Weck auf bis zu eine Milliarde Euro.

In Pforzheim etwa hatte sich die frühere Kämmerin Susanne Weishaar auf das Geschäft eingelassen, weil sie hoffte, damit die Zinslasten senken zu können. Stattdessen bescherte es der Stadt einen zweistelligen Millionenverlust und ihr ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue. Doch Weishaar, die darüber ihren Job verlor, klagt, auch sie sei falsch beraten worden. „Wir dachten, wir wenden uns an ein seriöses Institut“, erinnert sie sich. Dann aber habe die Bank ihnen etwas verkauft, „was vollkommen daneben für die Stadt war“. Den Vorwurf, einfach nur naiv gewesen zu sein, will sie nicht gelten lassen. „Ich war genauso naiv wie ein Architekt, der sich auf seinen Statiker verlässt“, sagt sie. Dass das Geschäft unfair angelegt war, meint auch der Finanzexperte Jan Hartlieb vom Leipziger Beratungsunternehmen SAM, der in mehreren Verfahren als Gutachter über die umstrittenen Zinswetten herangezogen wurde. Diese hätten „ein völlig ungleiches Verhältnis der Chancen und Risiken zwischen Bank und Kommune“ enthalten. Um das richtig einzuschätzen, bedürfe es „finanzmathematischer Spezialkenntnisse“. Das sei „mit Sicherheit keinem Kämmerer, keinem kommunalen Kunden möglich“.

Auch Italien ist betroffen

Die Deutsche Bank dagegen antwortet auf die Frage nach ihrer Rolle bei den Zinsswap-Geschäften, sie „berate ihre Kunden umfassend“ und richte diese „an den Kundenwünschen sowie den gesetzlichen Vorgaben aus“. Gleichwohl hat Ackermanns Bank viele Kommunen oder deren Betriebe wie etwa in Würzburg, Ulm oder Pforzheim lieber mit hohen Millionenbeträgen entschädigt, als es noch einmal auf eine Niederlage vor Gericht ankommen zu lassen.

Und das nicht nur in Deutschland. Auch in Italien ließen sich zahlreiche Kommunen auf entsprechende Geschäfte ein. Die Stadt Mailand etwa hatte gleich mit vier Geldhäusern, darunter auch der Deutschen und der Pleitebank Depfa, einen Zinstausch-Deal abgeschlossen und damit einen dreistelligen Millionenbetrag verloren. Als das vor drei Jahren herauskam, erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Betrugs und ließ bei den vier Banken Vermögenswerte von mehr als 400 Millionen Euro beschlagnahmen. Seitdem müssen sich die verantwortlichen Manager der vier Banken vor Gericht verantworten. Im vergangenen März verglichen sich nun die Deutsche Bank und die anderen drei Institute mit der Stadt und zahlten 455 Millionen Euro. Das Strafverfahren dauert aber noch an.

Warum das Erbe des Josef Ackermann düster ausfällt, lesen Sie hier.

Wie Zwangsversteigerungen auf Grundlage gefälschter Dokumente durchgeführt werden, lesen Sie hier.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false