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Margarete Koppers (hier auf einem Archivbild).

© dpa

Rohrbomben gefunden: Versuchte Anschläge auf 1.-Mai-Demo

Bei der Autonomendemo am Abend des 1. Mai in Berlin sind drei baugleiche Rohrbomben gefunden worden. Polizeichefin Koppers sagt: Die Gefährlichkeit wurde offenbar übersehen.

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Bei der Autonomendemo am Abend des 1. Mai in Berlin sind drei baugleiche Rohrbomben gefunden worden. Wie jetzt bekannt wurde, lagen sie an verschiedenen Orten der Demonstrationsroute. Mit dieser Nachricht schockte Polizeichefin Margarete Koppers am Montag die Mitglieder des Innenausschusses im Abgeordnetenhaus. Die Beamten, die die 40 Zentimeter langen Aluminiumrohre fanden, hatten deren Gefährlichkeit nicht erkannt und sie als vermeintliche „bessere Böller“ wie Fundstücke abgegeben. Erst jetzt sei der Zusammenhang erkannt worden, begründete Koppers die späte Information. Keiner der Beamten aus unterschiedlichen Einheiten habe die Einsatzleitung über die Funde informiert. Die Demo sei so chaotisch verlaufen, dass die Gefährlichkeit offenbar übersehen wurde, sagte Koppers.

Wären die Bomben direkt als solche erkannt worden, wäre die 18-Uhr-Demo „wahrscheinlich sofort aufgelöst“ worden, sagte Koppers – zum Schutz der Teilnehmer und der eingesetzten Beamten. Die Rohrbomben müssten bei der künftigen „politischen Bewertung“ der „Revolutionären Demonstration“ berücksichtigt werden. „Wir müssen bei künftigen Einsätzen darauf vorbereitet sein, dass es Menschen gibt, die einen blinden Hass in sich tragen“, sagte Koppers.

Nach Angaben von Kriminaltechnikern hätte es bei einer Explosion im Umkreis von 15 bis 20 Metern Schwerverletzte gegeben. Koppers sprach von „klassischen Rohrbomben“. Intern geht das Präsidium von bis zu zehn Rohrbomben aus. Ein Beamter habe berichtet, dass er mehrere Alurohre in der Markgrafenstraße gesehen hatte, bevor er eins sicherstellen konnte. Die Polizei bittet Finder weiterer Rohrbomben um sofortige Information. „Es besteht Lebensgefahr“, heißt es in einer öffentlichen Warnung.

Sehen Sie hier eine Bildergalerie zu den Geschehnissen am 1. Mai:

Wieso die Lunten nicht angezündet wurden, wer getroffen werden sollte und wer sie gebaut hat, ist offen. Möglicherweise hätten die Täter im letzten Moment Skrupel bekommen und die Rohre weggeworfen, sagte der Sprecher der Berliner Polizei, Stefan Redlich. Er schloss nicht aus, dass Rechtsextremisten mit den Bomben unterwegs waren. Bereits vor zwei Jahren war Berlin am 1. Mai nur knapp einem rechtsextremen Anschlag entgangen. Damals hatten aus Aachen stammende Neonazis Sprengsätze dabei, die mit Glasscherben gespickt waren. Kurz vor einer Polizeikontrolle ließen die Rechtsextremisten die Minibomben jedoch zurück. Das Landgericht Aachen verurteilte im Februar 2011 zwei Täter, allerdings nur zu Bewährungsstrafen.

Ein Bekennerschreiben zum aktuellen Fall gibt es bislang nicht.  In dieser Woche wollen Experten der Polizei Nachbauten zünden, um die Sprengkraft zu testen. Die drei sichergestellten Aluminiumrohre mit einer Füllung aus Chlorat-Zucker-Gemisch seien nach erster Analyse „hochgefährlich“. Die beiden ersten Bomben wurden um 20.14 Uhr und 20.20 Uhr in der Oranienstraße gefunden, die letzte um 20.27 Uhr in der Markgrafenstraße nahe dem Jüdischen Museum. Wie berichtet, hatte die Polizei dort die Demonstration wegen Steinwürfen gestoppt.

Innensenator Frank Henkel (CDU) sprach von einer „neuen Stufe des Hasses“. Die Täter hätten auch eine möglicherweise „fatale Panik in Kauf genommen“. Abgeordnete aller Parteien zeigten sich schockiert über den Bericht. Die Linkspartei mahnte aber, dass man „nicht 15 000 Demonstranten für drei Rohrbomben haftbar machen“ dürfe.

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