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Joffe

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Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Die Welt schneidert Uniformen, betreibt populistische Impulspolitik und weckt, angesichts der eigenen 2000-jährigen Geschichte, zu hohe Erwartungen

Streit um die Krim: Wer wird gewinnen?

Die russische Textilindustrie, die weiter Uniformen ohne Hoheitsabzeichen schneidern muss und so ihre Rendite verbessert. Mit dieser Kampfkleidung kann Putin auch bei der nächsten Intervention treuherzig behaupten, dass es sich nicht um russische Soldaten handelt, sondern um tapfere Patrioten, die ihr Land vor Faschisten/Rassisten/Antisemiten bewahren wollen, also keinesfalls im Dienste des Kreml agieren. Gut verdienen werden auch die PR-Firmen, die der Welt weiszumachen haben, dass das Referendum zur Abspaltung der Krim rechtens sei unter der ukrainischen Verfassung und dem Völkerrecht.

Erst Euro-Krise, dann NSA-Affäre, nun die Ukraine: Wie schwach ist Europa?

Die Beispiele vereinen sich nicht zum Muster. In der Eurokrise hat zwar nicht die EU, aber die EZB dezidiert gehandelt und zumindest die Liquiditätskrise gelöst. In der NSA-Affäre war Deutschland schwach. Denn die Briten (GCHQ) und Franzosen (DGSE) fischen ja genauso fleißig im Datenstrom wie die NSA, die in Wahrheit für „Never Say Anything“ steht. Ukraine: Europa zeigt etwas mehr Entschlossenheit, seitdem das russisch-beherrschte Krim-Parlament das Sezessionsreferendum auf den 16. März vorgezogen hat. Jedenfalls hat Berlin jetzt den Wackelkurs gegen Sanktionen vertauscht.

Dritter Jahrestag von Fukushima: War die Energiewende richtig?

Na klar. Sie hat den Deutschen die höchsten Strompreise, überlastete Netze und einen nicht nutzbaren Überschuss an erneuerbarer Energie verschafft. Dazu hat sie die großen Versorger, zuletzt RWE, in die Ruin-Zone getrieben. Aber ohne den CO2-Ausstoß zu verringern, der steigt. Dann hat die Wende die strategische Abhängigkeit von russischem Gas erhöht; der Gazprom-Anteil am deutschen Import-Mix wächst und erklärt die schlängelnde deutsche Haltung im Ukraine-Konflikt. Es war ein wirtschaftlich-strategisches „Meisterstück“ – und hoffentlich eine Lehre, nie wieder große Politik aus einem populistischen Impuls heraus zu betreiben.

Ein Wort zu einem Jahr Franziskus …

Jeder Weltpolitiker, der es wie Franziskus auf den Cover von „Rolling Stone“ schafft, sollte nachdenklich werden. Wer zum Rockstar avanciert, wird seine Fans enttäuschen. Der Vergleich mit Obama drängt sich auf, der wie Franziskus die Massen bezaubert hat. Die Erwartungen sind bei einem normalen Sterblichen einfach zu hoch, auch wenn er der Stellvertreter Petri auf Erden ist. Wie Barack O. steht auch Franziskus einem Machtsystem vor, das seiner eigenen Logik gehorcht – im Falle der Una Sancta einer 2000-jährigen Geschichte. Ein Jahr ist zu früh für ein Urteil.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Fragen: mos.

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