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Andreas Geisel weist die Vorwürfe gegen vehement zurück.

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Wahlkampf-Streit in der SPD: Das Parteispende-Manöver

10.000 Euro und ziemlich viele Fragen: In der SPD gibt es Kritik an den Groth-Zuwendungen. Bausenator Geisel weist die Vorwürfe von sich und Michael Müller schweigt.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wegen einer Spende des Bauunternehmers Klaus Groth für den SPD-Kreisverband Lichtenberg steht dessen Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl, der Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel, in der Kritik. Die Fragen zum Fall.

Wie reagiert der SPD-Kreisverband Lichtenberg darauf?

Der SPD-Kreisverband Lichtenberg sieht keinen Grund, die Spende des Bauunternehmers Klaus Groth in Höhe von 9950 Euro zurückzuzahlen. Der Kreischef Ole Kreins weist daraufhin, dass es in Lichtenberg keine Bauprojekte gebe, an denen Groths Firmen beteiligt seien. Es lasse sich auch kein Zusammenhang zwischen der Spende und den städtebaulichen Entscheidungen des Bausenators Andreas Geisel herstellen. Offenbar gab es auch zum Zeitpunkt der Spendenannahme keine Zweifel, dass die Zuwendung Groths nicht nur rechtlich, sondern auch politisch korrekt war. Geisel sei informiert gewesen und habe an der Kreisvorstandssitzung im Februar 2016, in der die Annahme der Spende beschlossen wurde, teilgenommen, sagte Kreins. Ein Stimmrecht habe er aber nicht gehabt, denn er gehöre dem Vorstand nicht an.

Wie reagiert die SPD-Führung?

Der SPD-Landesvorstand hält es ebenfalls nicht für angebracht, den Genossen in Lichtenberg die Rückzahlung der Spende zu empfehlen. Es sei bisher auch nicht geplant, sich in der nächsten Vorstandssitzung damit zu befassen, sagte der SPD-Landesgeschäftsführer Dennis Buchner dem Tagesspiegel. Er räumte aber ein, dass es in der Berliner SPD auch kritische Stimmen gebe. Es handele sich schließlich um ein sensibles Thema „und wir sind eine Volkspartei“. Der am 30. April wiedergewählte Parteichef Michael Müller äußerte sich auch am Donnerstag nicht zum Thema. „Es handelt sich ja auch um Vorgänge vor seiner Wahl zum SPD-Landesvorsitzenden“, so Buchner.

Der Landesgeschäftsführer wies außerdem auf die große Eigenständigkeit der Parteigliederungen hin. Die über 120 Orts- und 12 Kreisverbände verbuchten ihre Einnahmen und Ausgaben selbstständig, erst zum Jahresende gingen sämtliche Zahlen in die Rechnungslegung des SPD-Landesverbands ein und würden dann von unabhängigen Wirtschaftsprüfern kontrolliert. Das gelte auch für Spenden, bei denen es sich in der Regel um private Kleinspenden handele. Große Unternehmensspenden seien selten, nur in den Wahljahren stiegen die Spendeneinnahmen deutlich, sagte Buchner.

Was ist mit den Spenden an die CDU?

Auch die Berliner CDU hat im Wahljahr 2016 vier Spenden á 9950 Euro von Groth erhalten. Welche Parteigliederungen davon profitieren, ist nicht bekannt. Die Union beruft sich auf den „allgemeinen Daten- und Persönlichkeitsschutz“ und verweist auf das Parteiengesetz, nach dem nur solche Spenden veröffentlicht werden müssen, deren Gesamtwert 10.000 Euro übersteigt. Wobei die Stückelung von Spenden, um die Veröffentlichungsgrenze zu umgehen, verboten ist. Ansonsten spielen die Christdemokraten seit Mittwoch tote Maus. Weder Parteichef Frank Henkel noch Generalsekretär Kai Wegner äußern sich zu den Groth-Spenden knapp unter der Veröffentlichungsgrenze zugunsten der Regierungspartei CDU.

Es gab Zeiten, da war die Union sensibler. So schickte der CDU-Kreisverband Zehlendorf im Herbst 2000 zwei Spenden von jeweils 5000 DM zurück, die die Chefs der Unternehmensgruppe Trigon für ein Sommerfest des Ortsverbands Dahlem überwiesen. Denn wenige Wochen zuvor hatte der Bauausschuss des Bezirks die Pläne für eine Wohnanlage in Schlachtensee genehmigt, Investor war die Trigon Holding. Ein Jahr früher war die SPD weniger wählerisch. Sie behielt 1999 eine Spende der Trigon-Tochter Intertec in Höhe von 30.000 DM, obwohl das Bezirksamt Charlottenburg im selben Jahr die Bauplanung für den Stuttgarter Platz mit den Stimmen der SPD abgesegnet hatte. Der Investor war Trigon.

Kann man die Transparenzgrenze von 10.000 Euro abschaffen?

Der Linken-Chef Klaus Lederer hat vorgeschlagen, dass die Berliner Parteien auf Wahlkampfspenden a la Groth freiwillig verzichten. Bisher gibt es auf diesen Vorschlag keine positive Resonanz. Ein rechtlich verankertes Verbot von Unternehmensspenden wäre, sagen Experten, möglicherweise sogar verfassungswidrig. Die bestehende Grenze für die Veröffentlichung von Spenden in Höhe von 10.000 Euro ließe sich natürlich, um wenigstens Transparenz zu schaffen, beliebig senken. Dafür müsste aber das Parteiengesetz, das ein Bundesgesetz ist, verändert werden. Dafür ist im Bundestag derzeit keine Mehrheit in Sicht.

Warum gibt es überhaupt Parteispenden?

Die politischen Parteien sind Verfassungsorgane, die als unverzichtbare Mittler zwischen Bevölkerung und Staat gelten. Ihr Status ist grundgesetzlich verankert. Deshalb muss sichergestellt sein, dass die Parteien auch über genügend finanzielle Mittel verfügen, um ihre Aufgaben wahrzunehmen. Die deutsche Parteienfinanzierung ruht auf drei Säulen: Staatliche Teilfinanzierung (entsprechend der Wählerstimmen), Mitgliedsbeiträge und Spenden.

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