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Brandenburg: Affäre um Schelter: Justizminister weiter in der Kritik

Für SPD und PDS ist die Affäre um Justizminister Kurt Schelter, dem ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit vorgeworfen wird, nicht erledigt. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Peter Muschalla, forderte am Montag, dass Schelter "umgehend für vollständige Klarheit" sorgen müsse.

Für SPD und PDS ist die Affäre um Justizminister Kurt Schelter, dem ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit vorgeworfen wird, nicht erledigt. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Peter Muschalla, forderte am Montag, dass Schelter "umgehend für vollständige Klarheit" sorgen müsse. Auch der PDS-Rechtsexperte Stefan Ludwig sieht "erheblichen Klärungsbedarf". Sollte im Auftrag Schelters auf die Entscheidung eines Gerichtes Einfluss genommen worden sein, müsse er Konsequenzen ziehen und zurücktreten, so der PDS-Abgeordnete Stefan Sarrach.

SPD und PDS verlangen von Schelter, dass er auf der für Donnerstag einberufenen Sondersitzung des Rechtsausschusses alle Dokumente offenlegen müsse, die mit dem Fall der Neuruppiner Richterin zu tun haben, die von Schelters Büroleiter Ulrich Hermann unter Druck gesetzt worden war. Nach Angaben des Richterbundes hatte Hermann die Richterin unter Androhung disziplinarischer Maßnahmen gezwungen, über die Haftentlassung eines säumigen Zahlers zu entscheiden, obwohl diese ihre Nichtzuständigkeit erklärt habe.

Da Schelter trotz zahlreicher Gespräche nicht bereit war, sich vom Vorgehen seines Büroleiters zu distanzieren, machte der Richterbund den Fall am Wochenende publik. Schelter hatte noch am Donnerstag seinem Büroleiter untadeliges Verhalten bescheinigt. Wegen des öffentlichen Drucks bedauerte Schelter inzwischen, "dass sich die betroffene Richterin durch die Bitten seines Büroleiters unter Druck gesetzt gefühlt hat". Richterbund-Präsident Wolf Kahl, der die am Sonntag ausgehandelte Erklärung mit unterzeichnet hat, räumte inzwischen ein, dass die Formulierung "durch Bitten" falsch sei. Hermann habe ganz entschieden Druck ausgeübt. Im übrigen bleibe bei ihm ein schaler Nachgeschmack, da Schelter sein Bedauern erst auf Druck der Medien ausgesprochen habe.

Der Justizminister hatte am Wochenende selbst die Initiative ergriffen und eine "dritte Person" um Vermittlung beim Deutschen Richterbund gebeten, der sich hinter die Neuruppiner Richterin gestellt und Schelter scharf kritisiert hatte. Im Hause des Richterbundes in Berlin wurde am Sonntag in einer mehrstündigen Krisensitzung, die laut Kahl mehrmals vor dem Abbruch stand, die "Friedenserklärung" verfasst, mit der Schelter und der Richterbund "zur bisher praktizierten sachlichen Gesprächsebene" zurückkehren wollen. Sein Büroleiter Hermann ist aber nach wie vor in Amt und Würden. Im Justizministerium herrscht noch aus einem anderen Grund Unmut über Hermann: Er soll beim Wechsel aus der Justiz ins Ministerium einen großen Sprung in der Besoldung gemacht haben. Damit habe Schelter ihn "für Sondereinsätze präparieren wollen".

Während die SPD Schelter offenbar nicht so einfach davon kommen lassen will, stellt sich die CDU hinter den Justizminister: Fraktionschefin Beate Blechinger sagte am Montag, der Fall sei, nachdem sich Schelter und der Richterbund verständigt hätten, für ihre Fraktion erledigt. Dass Herrmann über eine sogenannte CDU-Alarmkette - von Pufendorf, Schönbohm, Schelter - tätig geworden sei, wird in der CDU nicht als anstößig angesehen. Die SPD hingegen sieht hier, wie ihr rechtspolitischer Sprecher Muschalla bekräftigte, Erklärungsbedarf. "Dem Minister hätte der böse Schein, der in diesem Vorgang von vornherein lag, auffallen müssen, und er hätte im eigenen Interesse die Finger davon lassen müssen." Schelter selbst verschaffte sich über den Richterbund eine Art Alibi. In der gemeinsamen Erklärung vom Sonntag heißt es: "Das Vorgehen des Justizministers im konkreten Fall bietet keine Anhaltspunkte für einen parteipolitischen Hintergrund." Kahl bestätigte dies, doch bestritt er nicht, dass eine solche Vorgehensweise - ein Anwalt moniert direkt bei einem Minister - merkwürdig sei.

Michael Mara

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