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Brandenburg: Als die ganze DDR jubelte

1974 besiegte die ostdeutsche Fußball-Nationalmannschaft das BRD-Team. Auch daran erinnert das neue Sportmuseum in Frankfurt (Oder)

Frankfurt (Oder). Der Torschütze beim legendären Sieg der DDR-Fußballer im WM-Spiel gegen die DFB-Auswahl steht in den meisten Lexika. Doch wer gab Jürgen Sparwasser an jenem 22. Juni 1974 im Hamburger Volksparkstadion die Vorlage? Erich Hamann hieß der Abwehrspieler, der zumindest in seiner Heimatstadt unvergessen bleibt. Im neu eröffneten Sportmuseum von Frankfurt (Oder) hängt der originale WM-Trainingsanzug des „Offiziers unserer Nationalen Volksarmee", wie das offizielle DDR-Buch über das fast 30 Jahre zurückliegende Turnier schrieb. Hamann spielte damals im Armee-Fußballclub der Oderstadt und packte im deutsch-deutschen-Prestigeduell seine Chance beim Schopfe. Denn erst 13 Minuten vor dem entscheidenden Pass auf den Magdeburger Sparwasser war der „feine Sportsmann" ins Spiel eingewechselt worden.

Das Sparwasser-Trikot hängt im Sportmuseum Köln, während der Pass-Geber nun im einzigen ostdeutschen Sportmuseum verewigt ist. Doch Erich Hamann ist in Frankfurt keineswegs der bekannteste Sportler. Die Ehrentafel im Eingangsbereich des Museums listet 22 Olympiasieger auf, die entweder in der Oderstadt geboren wurden oder aufgewachsen sind oder hier trainiert haben.

Das trifft beispielsweise auf den erfolgreichsten deutschen Olympiateilnehmer der Spiele von 1896 in Athen zu. Hermann Weingärtner gewann damals im Turnen gleich sechs erste Plätze. Medaillen gab es zu dieser Zeit noch nicht. Aber das Museum zeigt die Teilnehmerplakette von Weingärtner, dessen Vater an der Oder die erste öffentliche Turnanstalt der Stadt gebaut hatte.

Box-Idol Henry Maske, der 1988 auf dem olympischen Siegerpodest stand und später als Profi die Sportart salonfähig machte, übergab dem Museum einen seiner Wettkampfmäntel. In ihm schritt er zwischen 1993 und 1996 zehnmal zur Verteidigung seines Weltmeister-Titels in den Ring. Während Maske inzwischen in Köln lebt, blieb sein Trainer Manfred Wolke seiner Heimatstadt Frankfurt treu. Er hatte im Jahre 1968 in Mexiko die olympische Goldmedaille gewonnen. Auch er erhielt im Museum natürlich einen würdigen Platz.

Deutlich wird bei einem Rundgang, welche Blüten der Kult um die erfolgreichen Athleten mitunter trieb. So erhielt Karin Balzer, Olympiasiegerin auf der 80-Meter-Hürdenstrecke in Tokio 1964, schon zu Lebzeiten eine Büste. Diese stand bis zur Wende in der Frankfurter Kinder- und Jugendsportschule, weil Karin Balzer später hier als Lehrerin arbeitete. Daneben zeigt ein großes Plakat den Kugelstoßen-Weltrekordler Udo Beyer. Der heute in Potsdam ein Reisebüro betreibende Sportler gehörte auch dem Armee-Sportklub Vorwärts an.

In anderen Räumen hängen Meistertrikots der Bahnradsportler, der Friedensfahrer oder der Gewichtheber. Wimpel erinnern an die einst erfolgreiche Zeit des FC Vorwärts, der im Jahre 1971 von Berlin nach Frankfurt wechselte. Im Europapokal gelang 1974 sogar ein 1:0-Sieg über Juventus Turin. Acht Jahre später wurde Werder Bremen 2:0 geschlagen. Heute steht die Nachfolgermannschaft als Tabellenletzter in der viertklassigen Oberliga. Besser machen es da die Handballerinnen, die wieder zu den Favoriten in der Bundesliga gehören.

Das älteste Exponat des Frankfurter Museums stammt von 1860. Lange Zeit galt die Fahne des Turnvereins Frankfurt (Oder) als verschollen. Über viele Umwege war sie Mitte der siebziger Jahre in die Hände des Deutschen Turnerbundes Frankfurt (Main) geraten. Als dieser vom Aufbau des ersten ostdeutschen Sportmuseums hörte, brachte er die Fahne sofort an die Oder zurück. Auf der Rückseite der Fahne steht ein schöner Spruch: „Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei ist die Turnerei".

Das Sportmuseum befindet sich in der Slubicer Straße 6, unmittelbar vor dem Grenzübergang Stadtbrücke. Es öffnet freitags von 15 bis 18 Uhr und sonnabends von 12 bis 16 Uhr. Der Eintritt kostet 1,50 Euro für Erwachsene und 50 Cents für Kinder. Auskünfte unter Telefon 0335/ 665 9663.

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