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Bahnsicherheit: Akkordjob für mehr Sicherheit

In Rummelsburg werden die ICE-Achsen geprüft - rund um die Uhr. In Akkordarbeit versuchen die Experten-Teams möglichst schnell die Züge wieder auf die Gleise zu bringen. In einer Acht-Stunden-Schicht schafft ein Prüftrupp genau einen ICE.

Sie arbeiten im Akkord rund um die Uhr: Experten-Teams prüfen zurzeit im Berliner Bahnbetriebswerk Rummelsburg die Achsen zahlreicher aus dem Verkehr gezogener ICE-Züge. Bis zu 28 sogenannte Radsatzwellen schafft ein Prüftrupp in einer Acht-Stunden-Schicht. "Das ist genau ein ICE", sagt Bahnsprecherin Erika Poschke-Frost: Die Hochgeschwindigkeitszüge mit fünf bis sieben Waggons haben bis zu 28 Achsen. Der Großeinsatz hält die Mitarbeiter der traditionellen Werkstatt der Bahn in Rummelsburg in Atem, seit vergangene Woche in der Achse eines ICE-T mit Neigetechnik ein zwei Millimeter tiefer Riss entdeckt worden war. Wie berichtet, lässt die Bahn nun 70 Züge dieses Typs überprüfen. Ein Chaos im Schienenverkehr war die Folge.

Eine Radsatzwelle verbindet jeweils zwei Räder fest miteinander. "Jede dieser Achsen ist für eine Laufzeit von etwa 15 Millionen Kilometern in dreißig Jahren ausgelegt und muss großen Druck und hohe Zugkräfte aushalten", erläutern Experten. Hinzu kommt eine beträchtliche Belastung durch die Erwärmung der Laufflächen. Deshalb müssen die Wellen besonders häufig inspiziert werden. Jeder Haarriss kann gefährlich werden.

Kontrolliert werden die Achsen mit Ultraschall - entweder in einem Prüfstand oder mit Hilfe eines mobilen Gerätes direkt am Werkstattgleis. Zuvor wird der Radsatz samt Achse ausgebaut, vom Hydraulikkran angehoben und in die sogenannte "Unterflurprüfeinrichtung" herabgelassen. Nun legt das Team hoch sensible Prüfköpfe an den Rädern an und führt zugleich einen weiteren Prüfkopf in die - hohle - Achse ein. Bei dieser Scan-Bewegung stellen Echolotwellen fest, ob die Welle "Quer- oder Längsfehler hat", so Poschke-Frost. "Das ist ganz ähnlich wie bei einer ärztlichen Ultraschalluntersuchung am menschlichen Körper."

In den Bildschirm schaut bei der Bahn ein speziell ausgebildeter Prüfer. Eventuelle Haarrisse im Material kann er sofort identifizieren. Zwei Ultraschallgeräte mit zwei Teams sind in Rummelsburg im Einsatz, so dass pro Schicht zwei Züge untersucht werden können. Betroffen sind allein die insgesamt 70 ICE-T-Züge mit Neigetechnik. Ihre Besonderheit ist, dass sie sich in engen Kurven wie ein Motorrad etwas schräg legen. Darüber hinaus sind deutschlandweit noch 180 weitere ICE's ohne diese Technik in Betrieb. Bei diesen Typen gab es bisher aber keine Achsprobleme.

Etwa eine Stunde dauert der Check jeder Achse - und die Bahn wird damit noch längere Zeit zu tun haben. Denn nach dem Bruch einer Welle im vergangenen Juli in Köln und dem jüngst entdeckten Riss verpflichtete das Eisenbahnaufsichtsamt den Staatskonzern, die ICE-T- Züge vorläufig nicht mehr alle 480 000 Kilometer, sondern alle 30 000 Kilometer auf ihre Sicherheit hin überprüfen zu lassen. Bahnchef Hartmut Mehdorn kritisiert das. Es sei so, als ob ein Auto alle sechs Wochen zum Tüv müsste, sagte er.CS

Informationen zu Ersatzfahrplänen im Internet und unter Telefon 08000-996633.

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