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Der Bahnhof Oranienburg.

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Bahnhofsaufzug in Oranienburg blieb stecken: Eltern mit Kind 90 Minuten bei Eiseskälte eingeschlossen

Eineinhalb Stunden lang war ein Paar mit zweijährigem Sohn in einem defekten Aufzug bei Eiseskälte eingeschlossen. Dann half die Feuerwehr. Aber das war noch nicht das Ende der Geschichte. Eigentlich soll Hilfe deutlich schneller kommen.

Sie drückten am Bahnhof Oranienburg auf den Aufzugknopf, um vom Gleis mit ihrem zweijährigen Jungen im Kinderwagen zur Straße hinabzufahren. Doch als sie gerade noch die Füße von ein paar Leuten am Bahnsteig sahen, gab es einen Ruck. Der Lift stand. Kurzes Surren, dann Stille. Hängengeblieben im Aufzug bei minus sechs bis sieben Grad Außentemperatur. "Na ja", dachten Corinna Gödel und Klaus Winkler, "drücken wir mal den Notrufknopf, dann wird uns gewiss rasch jemand helfen." Doch es kam anders. Eineinhalb Stunden war das Paar am Sonntagmittag mit seinem kleinen Emilio in der eiskalten Kabine eingesperrt, bis schließlich die Oranienburger Berufsfeuerwehr kam und sie befreite. Bemerkbar machen konnten sie sich nicht. Sie steckten bis auf den schmalen Sehschlitz im Schacht.

"Ist ja kalt wie Hund", bedauert der Wehrführer die Eingeschlossenen

Der stellvertretende Wehrführer Manfred Gellert bestätigte am Montag den Einsatz und war, als ihn der Tagesspiegel erreichte, erneut "auf 180". Denn er kam gegen 11 Uhr gerade von einem weiteren Einsatz an genau demselben Aufzug. Wieder waren darin zwei Fahrgäste auf halber Strecke zwischen Bahnsteig und Straße hängen geblieben. "Auch diese beiden mussten sich länger als zehn Minuten gedulden", erzählt er . "Und froren bereits, ist ja auch kalt wie Hund."

"Es kann schon ein bisschen dauern", tönte es aus dem Lautsprecher

Wieso in beiden Fällen statt der Feuerwehr nicht erstmal so schnell wie möglich ein Notservice-Team der Bahn oder der zuständigen Aufzugsfirma kam, ist bislang unklar. Ebenso, weshalb der Lift nach dem ersten Vorfall überhaupt noch unrepariert in Betrieb war. Die Feuerwehr wurde offenbar jedes Mal von einer zentralen Bahnstelle informiert, die den jeweiligen Notruf aus dem Lift entgegennahm. Als Corinna Gödel und Klaus Winkler den Notknopf am Sonntag drückten, meldete sich eine Stimme und teilte ihnen mit, es könne schon "ein bisschen dauern, vielleicht dreißig Minuten", bis sie befreit würden. Daraus wurden dann 90 Minuten.

Emilio hielt im Lift seinen Mittagsschlaf

Das Paar war mit dem Regionalexpress aus Stralsund angekommen. Sie wollten vor der Rückkehr in ihre Wohnung in Wedding noch rasch etwas in Oranienburg erledigen. "Gott sei Dank war unser Kleiner gerade im Kinderwagen eingeschlafen, als wir ihn in den Lift schoben", erzählt die Mutter. Und er hielt auch bis zur Befreiung seinen Mittagsschlaf. Die Eltern dachten gleich zu Anfang. "So ein Mist, das wird verdammt kalt." War es auch, so dass sie mit den Füßen trampelten und die Hände gegeneinander schlugen. "Allerdings hat wohl unsere Körperwärme den Lift ein bisschen aufgeheizt", sagt Corinna Gödel. Als sie wieder draußen standen, empfanden sie die Temperaturen als noch schneidender.

In fünf Minuten waren alle befreit

Die Feuerwehrmänner rückten mit zwei Fahrzeugen an. Sie brauchten nur fünf Minuten, um den Aufzug abzusenken und die Schiebetür zu öffnen. Die Wehr hatte einen Schlüssel für den Bahnhofskeller griffbereit, wo sich ein Notschalter befindet. Den Schalter legten sie um - und der Aufzug schwebte hinab. Mit einem weiteren Spezialschlüssel öffneten sie die Tür.

Als die Wehr dann am Montag der zweite Liftalarm erreichte, brachte sie gleich einen Krankenwagen mit. "Hätte ja sein können, dass die Eingeschlossenen an Unterkühlung litten", sagt Wehrführer Manfred Gellert. Das war nicht der Fall. Aber sie schimpften umso heftiger.

Brokenlifts informiert über Aufzüge

Abhilfe bei der Planung einer Fahrt soll die Website Brokenlifts.org verschaffen. Brokenlifts ist ein Projekt des Sozialhelden e.V. Die Website verarbeitet die Daten der S-Bahn Berlin und der BVG zu den 436 Aufzügen im VBB-Bereich, sie wird im 15-Minutentakt aktualisiert. Aktuell sind dort 24 Aufzüge als defekt gemeldet.

Falls man selbst stecken bleibt, sollte man nach der Notrufabgabe eigentlich binnen 30 Minuten Hilfe erhalten, so sehen es jedenfalls die Technischen Regeln für Betriebssicherheit, kurz TRBS 2181, vor. Dort heißt es: „Die Zeit von der Notrufabgabe bis zum Eintreffen des Hilfeleistenden an der Anlage soll eine halbe Stunde nicht überschreiten.“

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