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Berliner Wirtschaft: Berlin wächst stärker

Der Aufschwung im Osten zieht die Stadt mit

Berlin - Das starke Wirtschaftswachstum im Osten Deutschlands zieht auch die Hauptstadt immer stärker mit. Berliner Wirtschaftsforscher korrigieren deshalb ihre Prognosen nach oben. „Wir werden den Abstand zum Bundesdurchschnitt in diesem Jahr deutlich verringern“, sagte Alfred Steinherr, Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), dem Tagesspiegel. Aufgrund neuester Berechnungen erwartet er für Berlin eine um knapp zwei Prozent höhere Wirtschaftsleistung als im vergangenen Jahr. Noch optimistischer ist Hartmut Mertens, Chefökonom der Investitionsbank Berlin-Brandenburg (IBB): Er sieht das Wachstum sogar bei „etwas mehr als zwei Prozent“.

Auslöser für den steigenden Optimismus sind die guten Konjunkturdaten für das erste Quartal in diesem Jahr. Die Mehrwehrtsteuererhöhung hatte den privaten Verbrauch zwischen Januar und Ende März weniger gebremst als befürchtet. Zudem investieren die Unternehmen weiterhin kräftig, auch der Export läuft.

Davon profitieren besonders die neuen Bundesländer. „Ostdeutschland wird in diesem Jahr erneut stärker wachsen als Westdeutschland. Das wird vermutlich auch im kommenden Jahr so sein“, sagte Udo Ludwig, Konjunkturchef des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Während das Plus im Osten bei mehr als drei Prozent liegen werde, komme der Westen nur auf rund zweieinhalb. Der Grund: Die Auftragsbücher der Industrie seien voll – schon seit Jahren verzeichnen die Fabriken in den neuen Ländern höhere Produktionszuwächse als die Konkurrenz im Westen. „Das Wachstum hier ist etwa doppelt so stark.“ Außerdem bremse der Bau nicht mehr wie in den vergangenen Jahren, sondern habe das Tal durchschritten. Für den weiteren Jahresverlauf stünden die Chancen nicht schlecht. Ludwig: „Vor allem für die Hersteller von Industrie- und Verbrauchsgütern sieht es gut aus.“

Das kommt auch der Hauptstadt zugute. „Die klassische Industrie weist in Berlin wieder hohe Wachstumsraten auf“, berichtet IBB-Ökonom Mertens. Seit der Wende hatte es einen langen Schrumpfungsprozess mit vielen Werkschließungen und Stellenabbau gegeben. Das sei jetzt vorbei. „Chemie, Metall, Fahrzeugbau, überall sind die Auftragsbücher voll, da wird einem ganz schwindelig.“ Viele Firmen hätten Anschluss an den Weltmarkt gefunden. Zudem mache sich auf dem Bau das Geschäft mit dem neuen Flughafen BBI bemerkbar. „2009 werden wir den Gleichschritt mit dem Rest der Republik erreicht haben“, hofft Mertens.

Für den Osten wie für den Westen sieht es auch langfristig gut aus. Die Reformen der vergangenen Jahre hätten die Wachstumsaussichten spürbar verbessert, ergibt eine neue Studie des privaten Schweizer Forschungsinstituts Prognos. Es gehört wie der Tagesspiegel zur Holtzbrinck-Gruppe. Bis 2020 werde die Wirtschaftsleistung in Deutschland pro Jahr im Schnitt um 1,6 Prozent wachsen, heißt es im neuen „World Report“. Vor allem die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes sei für die besseren Aussichten verantwortlich, schreiben die Ökonomen. Auch deshalb werde die Arbeitslosigkeit so deutlich sinken wie in kaum einem anderen Industrieland. Die Zahl der Menschen ohne Job sinke bis 2020 um knapp eine Million auf 2,5 Millionen. „Langfristig ist die Arbeitslosigkeit nicht mehr das Hauptproblem der deutschen Wirtschaft“, heißt es. Die Demografie werde ein wichtigeres Thema. brö/ost/HB

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