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Matthias Jahncke, Garten- und Landschaftsbauer, steht am Eingang zu einem alten Flugzeughangar auf dem Flugplatz Neuhardenberg im Landkreis Märkisch-Oderland.

© dpa/Patrick Pleul

Kunst, Musik und Unternehmen: Neues Leben für alte Flugzeug-Garagen in Brandenburg

Für manchen sind die zwölf alten Shelter am Rande des Flugplatzes Neuhardenberg nur ausgediente Hangars. Doch ein Unternehmer erkannte ihr Potential und erweckt das Gelände zu neuem Leben.

Von Jeanette Bederke, dpa

Mächtig und scheinbar unkaputtbar stehen zwölf riesige Flugzeughallen am Rande des Flugplatzes Neuhardenberg (Märkisch-Oderland) mitten in üppiger Natur. Halbrund und grün bewachsen beeindrucken die einstigen Shelter für die DDR-Flugzeuge MIG-21 durch ihre Größe: 27 Meter lang, 13 breit und knapp sieben Meter hoch. Dazu riesige Rolltore, 26 Tonnen wiegt allein ein Flügel.

Als Karsten Blättermann vor einigen Jahren zufällig auf das brach liegende Gelände kam und unvermittelt vor den Bauten stand, juckte es den Geschäftsmann aus Bernau (Barnim) förmlich in den Fingern. „Ich wusste, ich muss diese Shelter haben“, erinnert sich der 54-Jährige, der zuvor schon etliche alte Häuser saniert hatte.

„Das war alles keine Herausforderung mehr für mich – die Hangars jedoch schon“, bekennt er. Zwar suchte Blättermann in erster Linie einen originellen Firmensitz für seine Ziegel-Manufaktur „handgeformt“, doch er hatte von Beginn an eine Vision. „Ich wollte das abgeschiedene Gelände im Einklang mit der Natur wiederbeleben, coole Gewerke mit Künstlern und sozial Engagierten zusammenbringen und ein eigenes Dorf entwickeln“.

„Grus grus Revier“ nannte er sein Projekt, die lateinische Übersetzung für „Kranich“. „Von denen gibt es hier in dem fast vergessenen Gebiet jede Menge und ich bin inzwischen Fan dieser Vögel“, bekennt er. Folgerichtig heißen seine Shelter „Fischreiher“, „Elster“ oder auch „Bussard“.

Klimatechnisch sind diese Betonbauten genial – schön kühl im Sommer, immer frostfrei im Winter.

Karsten Blättermann, Unternehmer

Gemeinsam mit einem Investor kaufte er vor sechs Jahren das 40 Hektar große Gelände samt Shelter der Airport Development Neuhardenberg GmbH ab, die den einstigen Flugplatz der DDR-Regierungsfliegerstaffel betreibt. „Wir mussten uns von Teilen des Flugplatzes trennen, die nicht mehr zu unserem Geschäft passten“, erinnert sich Geschäftsführer Uwe Hädicke.

Bei Blättermann habe er eine „gewisse Dynamik“ verspürt und ihn als verlässlichen Partner kennengelernt. „Inzwischen ergänzen wir uns wirklich gut. Kunden seiner Manufaktur reisen bei uns per Flugzeug an. Wir engagieren uns sozial: Kinder, die den Flugplatz besichtigen, können anschließend bei Blättermann töpfern“, erzählt er.

Alte Flugzeughangars: Geschäftsmann Blättermann erkannte vor Jahren ihr Potenzial und belebt das Gelände mit Gewerbe, Kultur und Wohnen.
Alte Flugzeughangars: Geschäftsmann Blättermann erkannte vor Jahren ihr Potenzial und belebt das Gelände mit Gewerbe, Kultur und Wohnen.

© dpa/Patrick Pleul

Blättermann nutzt zwei Shelter für sich. Einer dient als Materiallager, in den zweiten hat er eine Zwischendecke eingezogen: Im 360 Quadratmeter großen Erdgeschoss hat „handgeformt“ seinen Sitz. Die Lehmziegel lässt Blättermann in Spanien fertigen und über Geschäfte in Berlin und Würzburg (Bayern) vertreiben.

In der oberen Etage hat sich der 54-Jährige auf 300 Quadratmetern seine Loft-ähnliche Wohnung unterm Rundbogen eingerichtet. „Klimatechnisch sind diese Betonbauten genial – schön kühl im Sommer, immer frostfrei im Winter, die Luftfeuchtigkeit ausgewogen. Und der Wahnsinn der Welt bleibt draußen“, beschreibt er.

Karsten Blättermann, Unternehmer, hat sich in einem ehemaligen Flugzeughangar auf dem Flugplatz Neuhardenberg eine Wohnung gebaut.
Karsten Blättermann, Unternehmer, hat sich in einem ehemaligen Flugzeughangar auf dem Flugplatz Neuhardenberg eine Wohnung gebaut.

© dpa/Patrick Pleul

Zwei weitere Hangars lässt er als Fledermausquartiere von Menschen unberührt. Für die anderen Acht hat der Geschäftsmann Mieter oder Käufer gefunden: einen Oldtimerhändler aus Neuenhagen (Märkisch-Oderland), ein Paar aus Ludwigsburg (Baden-Württemberg), das eine Security-Firma und eine Kalligrafie-Werkstatt aufbauen möchte, ein Cateringunternehmen, Anlagen- und Bühnentechniker sowie eine Elektrofirma aus der Region.

Stolz ist Blättermann auf eine Klangkünstlerin aus Berlin, die aus ihrem Hangar eine kreative Begegnungsstätte machen will. Sie hat ihm zufolge gute Kontakte zur Musikakademie Berlin, mit der gemeinsam Veranstaltungen geplant seien. Kultur ist dem „Grus grus Revier“-Begründer besonders wichtig. „Wir haben hier viel Platz und könnten eine Alternative zum Schloss Neuhardenberg sein, wo Veranstaltungen ja schnell ausverkauft sind“, meint er. Spätestens in zwei Jahren sollen die Kulturevents auf dem Hangar-Gelände starten.

„Blättermann ist ein kreativer Kopf mit vielen Ideen und er zieht interessante Leute an“, lobt Gernot Schmidt (SPD), Landrat von Märkisch-Oderland. Sein Shelter-Projekt sei „ein kleiner Diamant“, der die Region deutlich aufwerten werde, glaubt er.

Garten- und Landschaftsbauer Matthias Jahncke hat neben einem Hangar auch noch drei Bunker gekauft, in denen einst die Mannschaft der Kampfflugzeuge untergebracht war – auch diese kleineren unterirdischen Bauten sind halbrund, aber fensterlos und mit Feldbetten ausgestattet. „Da möchte so mancher mal drin übernachten“, glaubt Jahncke.

Der Handwerker träumt von einer Pension, für die er auch seinen Shelter umbauen will. Außerdem soll sein Büro dort rein, erzählt der Chef von sieben Mitarbeitern. „Die Lage ist einfach traumhaft – einfach Ruhe und Natur.“

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