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Die Kaufinteressentin Antje Ulrich saß zur Probe in einem Trabant Kombi. Der in Zwickau hergestellte Kleinwagen fährt mit einem Zwei-Takt-Motor.

© Silvia Passow

Ostalgie im Ausverkauf: Wer heute noch Trabis und andere DDR-Produkte kauft

Alles musste raus. Am Wochenende kam das DDR-Museum Döberitz unter den Hammer. Es gibt eine große Nachfrage nach Ost-Produkten. Wer kauft sie?

Von Silvia Passow

Sichtlich aufgeregt läuft Antje Ulrich zwischen den beiden Trabis hin und her. „Den grünen oder den hier?“ Sie setzt sich in einen beigefarbenen Kombi, direkt hinter das – nach heutigen Maßstäben – sehr überschaubare Armaturenbrett. „Ich mag es, wenn es wenig ist“, sagt sie über die sparsame Ausstattung. Am Wochenende wurde das DDR-Museum Döberitz im Havelland versteigert. Vorher konnten sich Interessierte noch einmal umschauen.

Als die Mauer fiel, hatte Ulrich noch keinen Führerschein. Sie habe nie ein Auto der Marke Trabant gefahren, sagt sie, wolle aber auf jeden Fall mitbieten, entweder auf den Kombi oder einen grünen Spezial-Trabant der DDR-Forstwirtschaft mit Pritsche. Das Einstiegsgebot: jeweils 100 Euro. 5000 bis 6000 Euro würde Ulrich für ihren Traum ausgeben wollen.

Das privat geführte DDR-Museum war einst aus der Sammelleidenschaft des Gründers Manfred Hüsges entstanden. Nach dessen Tod wollten die Erben das Museum jedoch nicht weiter betreiben.

Es gibt einen Markt für Dinge aus DDR-Produktion. Die Dinge werden ja nicht mehr hergestellt, das allein wirkt sich auf den Preis aus.

Michael Lehrberger vom Auktionshaus Historia 

Ein solches Museum lasse sich kaum wirtschaftlich führen, sagt die Kunsthistorikerin Christina Schulze. „Für jüngere Leute ist ein DDR-Museum auch nicht so interessant“, sagt sie. Sie ist Mitarbeiterin des Auktionshauses Historia aus Berlin-Tempelhof, das die Versteigerung durchführte. Das Interesse an den Alltagsgegenständen sei dennoch groß, sowohl bei Antiquitätenhändlern als auch bei Privatleuten.

Auch der Historia-Auktionator Michael Lehrberger sagt: „Es gibt einen Markt für Dinge aus DDR-Produktion. Die Dinge werden ja nicht mehr hergestellt, das allein wirkt sich auf den Preis aus.“

Hohe Nachfrage nach „Bückware“

Im Museum zeigt Peter Klapp, was „Bückware“ war. Klapp hat das Museum einst mitgestaltet. Nun steht er im Nachbau eines „Konsum“ Lebensmittelladens. Hier sind die Regale und die Vitrine zwar voller Produkte, doch in der echten DDR-Wirtschaft gab es nicht immer alles.

Waren, die knapp waren, kamen häufig gar nicht im Regal an. Die Beschäftigten versorgten ihre Freunde, Nachbarn und Verwandten bevorzugt. Produkte, die unter dem Ladentisch verkauft wurden, hießen „Bückware“ im Jargon des real existierenden Sozialismus.

Peter Klapp zeigt Produkte, die in der Mangelwirtschaft gefragt waren.

© Silvia Passow

Pfeifentabak zum Beispiel. „Es gab Zigaretten in verschiedenen Sorten, aber Pfeifentabak war oft rar“, erläutert er. Klapp holt einen Miniaturwasserturm aus seiner Tasche. Der gehört nicht zum Museum, sondern ist sein Privateigentum. Der in Handarbeit gefertigte Turm war einst für zwei Mark der DDR zu haben. „Für den können sie heute zwischen 65 und 100 Euro bekommen“, meint der Experte.

Die größte Aufmerksamkeit erhalten jedoch die Autos. Etwa der Krankenwagen nebst Trage und original verpackten Verbandsmaterial. Für den beigefarbenen Trabi, der schon Antje Ulrich gefiel, kann sich auch Iris erwärmen. Ihnen Nachnamen möchte die Frau aus Brandenburg nicht nennen.

DDR-Spielzeug hat für viele Menschen einen emotionalen Wert.

© Silvia Passow

Bei 10.000 Euro liege ihre Schmerzgrenze, sagt sie. Iris und ihr Begleiter fahren Motorräder der DDR-Marke Simson. Daher wissen sie, wie man den Treibstoff selbst herstellt. Zweitakt-Motoren fahren mit einem „Gemisch“ aus Kraftstoff und Schmierstoff. Das bekommt man aber heute nicht mehr an der Tankstelle.

Grundstück wurde mitverkauft

Für das Auktionshaus war die Versteigerung am Samstag ein voller Erfolg. „Alles ist weggegangen“, sagt Lehrberger, seine Erwartungen seien übertroffen worden. Etwa 1000 Bieter waren dabei, online und in Präsenz, im Raum wurden zusätzliche Stühle aufgestellt. Der Krankenwagen wechselte für 18.000 Euro den Besitzer, auch für Lehrberger eine überraschend hohe Summe. Der grüne Forst-Trabi ging für 7000 Euro an einen Mann, der selbst bei der Forst arbeitet.

Neben Alltagsgegenständen und Fahrzeugen kam auch das Grundstück unter den Hammer, auf dem sich das Museum befand, samt einstöckigem Haus. 50.000 Euro zahlte ein Käufer dafür. Insgesamt brachte die Auktion laut Historia etwa 190.000 Euro ein. Hinzu kam die Provision, sodass insgesamt etwa eine Viertelmillion Euro ausgegeben wurde.

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