zum Hauptinhalt
Werkstatt Exilmuseum.

© Stiftung Exilmuseum/Till Budde

Tage des Exils: „Wir schlagen die Brücke in die Gegenwart“

40 Akteure, 50 Veranstaltungen: Zum ersten Mal finden in Berlin die „Tage des Exils“ statt. Ein Gespräch mit der künstlerischen Leiterin der Stiftung Exilmuseum, Cornelia Vossen.

Frau Vossen, erstmals gibt es in Berlin die Veranstaltungsreihe „Tage des Exils“. Ist das eine Vorbereitung auf das geplante Exilmuseum am Anhalter Bahnhof?

Auf jeden Fall! Die Tage des Exils sind eine hochwillkommene Gelegenheit für uns, das Thema in der Stadt sichtbar zu machen und allen eine Plattform zu bieten, die sich mit dem Thema Exil befassen – so wie auch das künftige Exilmuseum dies beabsichtigt. Über 40 Akteur:innen werden in den nächsten vier Wochen insgesamt 50 Veranstaltungen ausrichten. Darunter sind große Institutionen wie die Akademie der Künste, das Jüdische Museum oder die Deutsche Oper, aber auch kleine Vereine und Initiativen wie „Wir packen’s an“: Sie alle vertreten das Thema jetzt gemeinsam unter einem Dach.

Was steht im Vordergrund: das historische Exil, die Vertreibung von Künstler:innen und Wissenschaftler:innen aus Nazi-Deutschland, oder aktuelle Probleme von Flucht und Vertreibung?

Gerade der Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist uns wichtig. Das Thema Exil stand lange Zeit im Schatten der Erinnerung an den Holocaust, die Schicksale der Menschen, die Deutschland verlassen mussten, wurden kaum gewürdigt. Wir wollen mit den Tagen des Exils und künftig mit dem Exilmuseum an diese Biografien erinnern, die Erfahrungen der Vertriebenen nachvollziehbar machen – und sie bei aller historischen Unterschiedlichkeit gerade auf dieser Erfahrungsebene mit heutigen Schicksalen vergleichen.

Welche Erfahrungen meinen Sie damit insbesondere?

Abschiede, Warten auf den lebensrettenden Pass oder Stempel oder der Sprachwechsel im Exil: Das sind Erfahrungen, die Exilierte über die Zeiten hinweg miteinander verbinden. Das wird zum Beispiel die Auftaktveranstaltung in Kooperation mit dem Writers-in-Exile-Programm des PEN und der Akademie der Künste deutlich machen, die „Lange Nacht des Exils“ mit Lesungen von Exil-Texten von heute ebenso wie von damals.

Die „Tage des Exils“ finden in Berlin zum ersten Mal statt – wie kam es dazu?

Die Initiative ging 2016 von der Weichmann-Stiftung in Hamburg aus. Seit 2018 veranstaltet die Körber-Stiftung dort regelmäßig Tage des Exils, 2022 gab es das Programm erstmals auch in Frankfurt. Als die Körber-Stiftung uns als Stiftung Exilmuseum gefragt hat, ob wir die Reihe nicht gemeinsam nach Berlin bringen sollen, haben wir natürlich begeistert zugesagt.

Mitmach-Labor: Ein Blick in die Werkstatt Exilmuseum in der Fasanenstraße.

© Stiftung Exilmuseum/Till Budde

Das Exilmuseum soll nach den Plänen der dänischen Architektin Dorte Mandrup am Anhalter Bahnhof entstehen. Was passiert bis dahin in der ,Werkstatt Exilmuseum‘, die im März eröffnet hat?  

Unsere Werkstatt Exilmuseum in der Fasanenstraße 24 ist Mitmach-Labor, Ausstellung und Veranstaltungsort in einem: Wir laden alle Interessierten ein, sich hier über die Planungen zum Exilmuseum informieren und aktiv daran mitzuwirken. Auch außerhalb der Tage des Exils bieten wir dort regelmäßig Veranstaltungen an, die erfreulicherweise sehr gut besucht sind.

Der Siegerentwurf des Wettbewerbs für das Museum des Exils am Askanischen Platz von Dorte Mandrup.

© promo/Stiftung Exilmuseum Berlin

Seit Juli dieses Jahres weist am Anhalter Bahnhof ein ,Informationsturm‘ auf die Planungen hin. Wann soll der Bau des Exilmuseums beginnen?

Die Absprachen mit dem Bezirk, die Klärungen zum Bau und die Kostenschätzung sind weitgehend abgeschlossen und geprüft, und wir haben im Dezember 2022 den Erbpachtvertrag unterzeichnet. Aber noch fehlt uns ein Teil der Mittel. Grob gesagt: Wir brauchen 60 Millionen, haben aber erst 20 Millionen aus privaten Spenden und hoffen auf weitere 20 Millionen durch einen frisch gestellten Förderantrag. Dann könnten wir mit dem Bau beginnen.

Wir freuen uns also weiterhin über Spenden – jeder große und kleine Beitrag ist willkommen! Wenn alles klappt, werden wir 2028 eröffnen. Bis dahin werden sich die Tage des Exils hoffentlich als regelmäßige Veranstaltungsreihe in Berlin etabliert haben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false