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Ist hier noch Platz? Berlin hat durchaus noch Bauland zu bieten.

© dpa

Wohnungsmarkt in Berlin: Bausenator Andreas Geisel greift durch

Neue Wohnungen müssen her, und zwar schnell. Deshalb hat Andreas Geisel die eigene Kompetenz gestärkt – auf Kosten der Bezirke.

In die Karten lässt er sich nicht schauen, Berlins nicht mehr ganz neuer Bausenator Andreas Geisel (SPD). Aber der Missmut ist ihm durchaus anzumerken über die Bockigkeit in Pankows Amtsstuben, die ein Großprojekt mit über 700 Wohnungen gefährden könnte. Höchste Zeit dem Bezirk das Planungsrecht für das „Pankower Tor“ zu entziehen? Diese Frage pariert er durch Wegducken, Geisel sagt: Beim Mauerpark sei der Zugriff nach 13 Jahren erfolgt, in Pankow sei doch das Bebauungsplanverfahren „erst im Januar eingeleitet worden“.

Überall gibt es Widerstände und Ärger

Dass mancher ihn als Hardliner abstempelte, weil er Neubauten „nördlich des Mauerparks“ erzwingen will, begegnete Geisel am Dienstag mit dieser Aussage: „Es geht nicht darum, Wohnungen um jeden Preis“ zu bauen. Vielmehr sei eine „sorgfältige Abwägung“ erforderlich. Deshalb gelte es die Frage „gutachterlich zu klären“, ob das vom Einrichtungsmulti Kurt Krieger am Pankower Tor geplante Einkaufszentrum stadtverträglich ist. Das Zentrum hatte sich der Investor gleichsam im Paket mit dem Bau von Wohnungen ausbedungen, damit sich das 400-Millionen-Projekt rechnet.

Auf welche Baulücke der Bausenator auch blickt, allenthalben gibt es Widerstände und Ärger. Auch an der Heidestraße, hinter dem Hamburger Bahnhof. Immerhin hat der Senat dafür am Dienstag den Bau von 120 Wohnungen in einem „siebengeschossigen Wohngebäude“ durchgewinkt. Das Haus ist Teil des gewaltigen 40 Hektar großen Gebietes mit dem Namen „Europa-City“. Und weil hier nur kümmerliche 42 der 2840 geplanten Wohnungen für eine Miete von 7,50 Euro nettokalt angeboten werden und damit erschwinglich sind für Haushalte mit geringen Einkünften, war die Planung auf heftige Kritik der Grünen-Fraktion in Parlament gestoßen.

In Wirklichkeit stiegen die Mietern schon 2009

Senator Geisel rechtfertigt das damit, dass der „Rahmenvertrag“ mit dem Investor für das Gebiet bereits im Jahr 2009 vereinbart wurde. Damals sei man „davon ausgegangen, dass es genug Wohnraum in der Stadt gibt“. „Man“ soll in diesem Fall wohl heißen: die damalige Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer. Die ist Sozialdemokratin wie Geisel. In Wirklichkeit stiegen aber schon damals die Mieten in der City stark, wie aus Marktberichten der landeseigenen Investitionsbank und Wohnungsverbänden hervorging – doch Bausenatorin und Senat schauten lieber weg.

Immerhin ist die wohnungspolitische Wende inzwischen vollzogen und Geisel verdankt seinen Job als Bausenator wohl auch der Tatsache, dass er schon als Bezirksstadtrat in Lichtenberg kräftig bauen ließ. Daran knüpft er an und stellte am Dienstag außerdem noch „Maßnahmen zur Förderung von Investitionen und einer nachhaltigen Stadtentwicklung“ vor, die der Senat auch gleich beschloss. Eine der wohl wichtigsten Maßnahmen bringt seiner Verwaltung eine Entlastung, was Geisel aber lieber als „Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Bezirke“ verkauft: Die Bezirke müssen ihre Bebauungspläne künftig nicht mehr dem Senat zur rechtlichen Bewertung vorlegen, das traut das Land den Bezirken selbst zu.

Geisel darf Bezirken Planungshoheit entziehen

Jedenfalls bei den vielen kleinen Lückenschließungen. Bei Vorhaben von „gesamtstädtischer Bedeutung“, wie der Mauerpark es gerade geworden ist und das Pankower Tor es noch werden könnte, lässt sich das Land das Heft keinesfalls aus der Hand nehmen. Mehr noch, in dieser Frage hat der Bausenator die eigene Kompetenz sogar gestärkt auf Kosten der Bezirke: Künftig darf Geisel den Bezirken die Planungshoheit entziehen, wenn ein neues Quartier mit mehr als 200 Wohnungen entstehen soll, bisher mussten es 500 sein. Und diese Größenordnung erreichen stadtweit „mehrere hundert Projekte“, so Geisel.

Die beschlossenen Maßnahmen sollen die Fertigstellung von Wohnungen beschleunigen, die so dringend benötigt werden. Diesem Ziel ist auch eine weitere Änderung im Baurecht verpflichtet: Dass die Bezirksverordneten erst dann über einen Bebauungsplan abstimmen, wenn dieser rechtlich vom Senat überprüft worden ist. Bisher hatten die Bezirkspolitiker über Pläne abgestimmt, die teilweise nach der Begutachtung durch die Landesexperten noch einmal korrigiert werden mussten. Schlimmstenfalls mussten sie also doppelt beraten und das bremste die Verfahren.

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