zum Hauptinhalt
Grünstreifen und Parkzone. Um diesen Bereich der neuen Truman Plaza geht es in dem Streit.

© Imago

Gastbeitrag der SPD Steglitz-Zehlendorf: "Schwarz-Grün verschenkt Millionen"

Die SPD in Steglitz-Zehlendorf erhebt schwere Vorwürfe gegen das Bezirksamt. Das Unternehmen Stofanel, das die neue Truman Plaza bebaut hat, benutze seit Jahren unentgeltlich ein Grundstück des Bezirks. Hier beschreibt die SPD ihre Sicht auf die Dinge.

Seit dem Herbst 2011 nutzt die Stofanel Investment AG ein bezirkseigenes Grundstück zwischen der Argentinischen Allee und dem Hüttenweg entlang der Clayalle. Der ehemalige „Grünstreifen“ wurde erst für die Baustelleneinrichtung genutzt und dient jetzt als Parkplatz und Einfahrt für eine Tiefgarage des gewerblich genutzten Sondergebietes.

Zwischen dem Investor Stofanel und dem Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf war man sich einig, dass dieses Grundstück den Eigentümer wechselt, da er dieses für sein Projekt „Fünf Morgen“ im Rahmen der Bauplanung und Flächenausnutzung benötigt.

Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf hatte darauf vertraut, dass der Investor das Grundstück schnell kaufen würde und gestattete – vorläufig und ohne Sicherung – die unentgeltliche Nutzung. Das Verkehrswertgutachten zur Ermittlung des Kaufpreises als „Bauerwartungsland“ wies einen Kaufpreis von rund 2.000.000 Mio. € aus. Die Verhandlung über den Verkauf stockte, da der Investor Stofanel äußerte, dass das Bezirksamt zugesagt habe, das Grundstück zu einem deutlich niedrigeren Verkehrswert – „Grünland“ – verkaufen zu wollen.

Die Situation wurde lange nicht aufgelöst. Das Bezirksamt ließ den Investor weiter den „Grünstreifen“ unentgeltlich nutzen. Auf „Anregung“ der Liegenschaftsfonds Berlin GmbH und Co. KG (LiFo) des Landes Berlin, aber entgegen der Landeshaushaltsordnung (LHO) wurde der sogenannte „Qualitätsbewertungsstichtag“ – trickreich – auf den 07.07.2009, den Tag der ersten mündlichen Bekundung des Kaufinteresses von Stofanel – während einer Sitzung des Stadtplanungsausschusses – mit Zustimmung des Bezirksamtes, festgesetzt.

Zustimmung des Abgeordnetenhauses fehlt bis heute

Nach der LHO darf der Bewertungsstichtag für einen Kaufpreis eines Grundstücks des Landes Berlin nicht älter als zwei Monate vor Beurkundung des Kaufvertrages liegen. Dies ignorierend erfolgte am 17.4.2013 die notarielle Beurkundung eines bis heute – zumindest – schwebend unwirksamen Kaufvertrages für das Grundstück zu einem Kaufpreis von 940.000,00 €, also über drei Jahre später. Der Vertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung des Zustimmungsvorbehalts des Aufsichtsrates des Liegenschaftsfonds Berlin sowie der Zustimmung des Landes Berlin durch das Abgeordnetenhaus. Letztere fehlt bis heute und wird nun auch nicht mehr erfolgen. Das Bezirksamt hat lange Zeit alle Verantwortung auf die Ebene des Senats und Liegenschaftsfonds Berlin geschoben. Für uns stellt sich nach einer Akteneinsicht die Verantwortung vollkommen anders dar. Der Bezirk ist in der Verantwortung.

Stadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne) hatte die – unentgeltliche – Nutzung des Grundstücks mit schriftlicher Erlaubnis vom 04.03.2015 und ohne jegliche Einschränkung gestattet und bis heute noch nicht widerrufen. Die Senatsverwaltung für Finanzen (SenFin) hatte nun im Juli 2015 dem Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) mitgeteilt, dass der Verkauf endgültig gescheitert sei, da die Stofanel Investment AG nicht die Zahlung des Verkehrswertes nebst Zinsen von nun 2,3 Mio. € als Kaufpreis akzeptiert habe. Des Weiteren solle nun das Bezirksamt rückwirkend eine Überbaurente für die Nutzung des Grundstücks erheben. Eine Forderung, die die SPD-Fraktion schon seit 2012 verfolgt.

Das schwarz-grüne Bezirksamt blamiert, da es anstatt der Weisung des Senats zu folgen, einen Brief an die Senatsverwaltung für Finanzen geschrieben hat und darin den Kaufvertrag mit der rechtswidrig zustande gekommenen Kaufpreisbildung auch noch zum eigenen Nachteil verteidigt. Es bezweifelt sogar die Befugnis des Landes, der Stofanel Investment AG einseitig einen Verkehrswert von nun 2,3 Mio. € als Kaufpreis anzubieten. Aus welchem Grund die Senatsverwaltung dass nicht dürfe, ließ die Stadträtin offen.

Truman Plaza gibts nicht mehr...
Truman Plaza gibts nicht mehr...

© Imago

Der Fraktionsvorsitzende Torsten Hippe (CDU) verstieg sich auch noch zu der Behauptung, die Senatsverwaltung für Finanzen habe die Wirksamkeit des Kaufvertrages verzögert und dadurch verhindert, dass der Vertrag in vertragsgemäßer Weise dem Abgeordnetenhaus vorgelegt werden konnte. „Damit habe SenFin den Eintritt der aufschiebenden Bedingung vorsätzlich und rechtswidrig verhindert und damit den Bedingungseintritt und die Wirksamkeit des Kaufvertrages bewirkt." Diese Anmerkung von Torsten Hippe (CDU) zeigt, dass offensichtlich nicht nur die Stadträtin die Akteninhalte nicht kennt, geschweige denn in den Vertrag gesehen hatte, sondern auch der Fraktionsvorsitzende der CDU ohne jegliche Kenntnis davon in der BVV Unsinn erzählt. Im Vertrag gib es keine Verpflichtung zur Vorlage des Vertrages im Abgeordnetenhaus. Die Zustimmung des Landes Berlin ist Gegenstand der aufschiebenden Bedingung. Die Senatsverwaltung für Finanzen wird doch wohl nicht verpflichtet sein, dem Abgeordnetenhaus einen nach der LHO rechtswidrig zustande gekommenen Vertrag zur Zustimmung vorzulegen.

Ignoriert das Bezirksamt den Auftrag des Landes?

Auch die BIM, die den Verkauf und die Nachverhandlungen mit der Stofanel Investment AG zur Anpassung des Kaufpreises geführt hatte, gab den Auftrag an das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf zurück, da Stofanel eine Anpassung des Kaufpreises an den Verkehrswert als „Bauerwartungsland“ abgelehnt hatte. Sogar diese Anpassung ließe sich nur als Vergleich, also ein gegenseitiges Entgegenkommen, überhaupt rechtfertigen. Dem Wortlaut der LHO folgend müsste der Verkehrswert nach der Qualität des Grundstücks als „Bauland“ erfolgen. Das Grundstück ist mit Parkplätzen und der Einfahrt zu einer Tiefgarage bebaut und ist daher nicht wie Bauerwartungsland, sondern wie Bauland zu bewerten. Zudem wird das sogenannte Mischgebiet, welches mit Gebäuden, in denen sich Einzelhandelsgeschäfte, Geschäftsräume für Banken, Makler, Arztpraxen und ein großes Fitness-Studio befinden, über dieses Grundstück baurechtlich sogar erschlossen.

Das Bezirksamt hätte klüger handeln müssen

Ferner wird die Grundstückfläche gebraucht, um die Höhe der baulichen Nutzflächen (GFZ) zu begründen. Ob die Baugenehmigung noch Bestand haben kann oder widerrufen werden muss, da diese nun faktisch rechtswidrig sein kann, muss die Baubehörde prüfen und entscheiden. Aus welchem Grunde die Senatsverwaltung für Finanzen bzw. die BIM den Bewertungsansatz nicht angewendet hatte, ist auch nicht nachvollziehbar, aber die Vorgehensweise hätte sich wohl als Vergleich im Sinne eines Kompromisses zur Vermeidung eines nun unausweichlich erscheinenden Rechtsstreits auch haushaltsrechtlich noch vertreten lassen, wenn die Entscheidung klug begründet würde. Nach Schätzungen wäre ein um 500.000,00 € bis 1.000.000,00 € höherer Kaufpreis begründet und somit ein Betrag von rund 3.000.000,00 € von der Stofanel Investment AG zu fordern.

Nicht hinnehmbar ist, dass das Bezirksamt schon seit rund drei Jahren „prüft“, ob und auf welche Weise ein Nutzungsentgelt für die bisher unentgeltlich erfolgende Nutzung des Grundeigentums des 6.030,00 Quadratmeter großen Grundstücks des Landes Berlin gefordert werden kann.

Folgt das Bezirksamt dem weisen Rat des eigenen Rechtsamtes, nicht klageweise ein Nutzungsentgelt durchzusetzen, da dieses den Kaufvertrag und die Regelungen für den Fall des Rücktritts, widerspricht. Hat das Rechtsamt als einziger den Kaufvertrag gelesen und verstanden?

In § 6 Abs. 8 des Kaufvertrages heißt es dazu: „Weder der Verkäufer noch der Käufer ist verpflichtet, die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Der Verkäufer ist verpflichtet, den gezahlten Kaufpreis ohne Zinsen zurück zu zahlen und dem Käufer die für den Verkäufer nützlichen Verwendungen zu ersetzen.“ Im Klartext heißt dies, dass ein Nutzungsentgelt, wenn es vom Bezirksamt durchgesetzt worden wäre, nun zurückzuzahlen wäre.

Da aber der Kaufvertrag mangels der Zustimmung des Senats nie rechtlich wirksam wurde, gilt dies auch für diese Rücktrittsklausel, die ebenso wie der Rest des Vertrages unwirksam bleiben wird. Folglich wäre es nun an der Zeit, die Überbaurente seitens des Bezirksamts durchzusetzen. Dass hatte die Stadträtin Markl-Vieto (Grüne) durchgängig nicht verstanden, geschweige denn umgesetzt. Ein Teil dieses Anspruchs ist zudem wegen der Untätigkeit des Bezirksamts schon verjährt.

Aus den unqualifizierten und überwiegend falschen Erklärungen der Stadträtin lässt sich nicht einmal vorsätzlich falsches Handeln erkennen. Die Stadträtin ist offenbar nicht in der Lage die Sach- und Rechtlage zutreffend zu erfassen und entsprechend aus einer daraus resultierenden Erkenntnis die richtigen Handlungsweisen folgen zu lassen. Wenn jetzt nicht entsprechend vom Bezirksamt gehandelt wird, wird in drei bis vier Jahren erst das Landgericht Berlin und anschließend das Kammergericht die Rechtslage entscheiden. Ob das Bezirksamt bzw. das Land dabei gut wegkommen werden, bleibt offen.

Bebauung an der alten Truman Plaza, Clayallee/Ecke Argentinische Allee
Bebauung an der alten Truman Plaza, Clayallee/Ecke Argentinische Allee

© Imago

Die SPD-Fraktion kritisiert auch die Senatsverwaltung für Finanzen. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso sie mehrere Jahre gebraucht hat, um zu der jetzigen Position zu gelangen, die im Ergebnis nichts anders bewirkt, als den „Schwarzen Peter“ nun dem Bezirksamt zuzuspielen und eben gar keine Lösung des Problems darstellt. Fraglich ist, ob das schwarz-grüne Bezirksamt Willens und in der Lage ist, dieses Problem anzugehen und zu lösen.

Fazit: Die Stofanel Investment AG nutzt das Grundstück seit rund dreieinhalb Jahren unentgeltlich; vermietet entgeltlich Parkplätze und gibt nicht einmal davon einen Cent an den Bezirk ab. Der Kaufvertrag ist und bleibt unwirksam und das Land Berlin vertreten durch das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf Grundstückseigentümerin. Ob die Baugenehmigungen für das Mischgebiet nun rechtswidrig sind und aufgehoben werden müssen, ist hier nicht zu beurteilen. Schwarz-Grün hat keinen Kompass und kein Maß für eine vertretbare Lösung der vertrackten Situation.

Die Autoren sind Mitglieder der SPD-Fraktion im Rathaus. Norbert Buchta ist Fraktionschef, Volker Semler ist stadtpolitischer Sprecher. Der Text ist ein Gastbeitrag, die Redaktion hat keinen Einfluss darauf genommen. Tagesspiegel-Zehlendorf steht allen Fraktionen der BVV offen, um eigene Beiträge zu bezirkspolitischen Themen zu veröffentlichen. Die Redaktion von Tagesspiegel-Zehlendorf würde es ausdrücklich begrüßen, wenn CDU, Grüne oder auch Piraten auf diesen Gastbeitrag antworten.

Volker Semler, Norbert Buchta

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false