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Die einen sagen so, die anderen sagen so ... Über das politische Erbe von Heinz Buschkowsky gehen die Meinungen auseinander - auch in seinem Bezirk Neukölln.

© dpa/Paul Zinken

Bilanz des Neuköllner Bürgermeisters: Buschkowsky polarisiert auch nach Rücktritt noch

Für die einen waren es Weckrufe, für die anderen Schmähungen: Auch in seinem eigenen Bezirk Neukölln beurteilen Weggefährten die Arbeit und die Äußerungen von Heinz Buschkowsky höchst unterschiedlich.

Zumindest in einem Punkt sind sie sich einig, die Unterstützer und die Kritiker von Heinz Buschkowsky (SPD): Der scheidende Bürgermeister von Neukölln hat seinen Bezirk in gut 13 Jahren bundesweit bekannt gemacht. Mit welchen Folgen, darüber gehen die Meinungen allerdings weit auseinander.

„Er hat mit seinen Problembeschreibungen jene Aufmerksamkeit erzeugt, ohne die viele Verbesserungen nicht möglich gewesen wären“, sagt Erol Özkaraca, Rechtsanwalt, Abgeordnetenhausmitglied und Vizevorsitzender der Neuköllner SPD. „Er hat den Bezirk bundesweit als Ghetto stilisiert und zu einer Stimmung beigetragen, die für die Lösung der Probleme in Neukölln wenig konstruktiv war“, sagt hingegen Idil Efe, die das Projekt „Neuköllner Leuchtturm“ der Bürgerstiftung Berlin leitet, das künstlerische und soziale Initiativen unterstützt.

Im Gespräch mit politisch und sozial engagierten Neuköllnern wird schnell deutlich, dass die Beurteilung Buschkowskys auch eine Frage des Standpunktes und der Prioritäten ist. Was die einen als nötige Weckrufe loben, ist für die anderen die Abwertung ganzer Bevölkerungsgruppen. Und das Lob für herausragende Modellprojekte wie die „Stadtteilmütter“, das inzwischen bezirksweit geförderte Beratungsprojekt für Familien mit ausländischen Wurzeln durch speziell geschulte Migrantinnen, geht einher mit der Kritik, dass der SPD-Bürgermeister viele andere Initiativen abgewertet oder Probleme ignoriert habe.

Die Schulen zum Beispiel. Da loben nicht nur Parteifreunde, dass Buschkowsky gerade in sozial schwierigen Vierteln einiges erreicht habe, indem er einstige Problemfälle wie das Albert-Schweitzer-Gymnasium oder die Rütli-Schule mit viel Geld, Personal und öffentlicher Aufmerksamkeit zu Modellschulen mit vorbildlichem Ganztagsprogramm ausbauen ließ. Dafür zollt ihm auch Jochen Biedermann Respekt, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung.

Andererseits habe Neukölln dank Buschkowsky „die mit Abstand schlechteste Personalausstattung aller Berliner Bezirke“, sagt Biedermann – und das auch in Bereichen, in denen Buschkowsky selbst immer wieder Defizite bemängelt habe. So musste Sozialstadtrat Bernd Szczepanski (Grüne) bei seinem Amtsantritt Ende 2011 feststellen, dass es im Sozialamt durch Buschkowskys Sparmaßnahmen „keinen einzigen Sozialarbeiter“ mehr gab.

Viel Geld fürs Schloss Britz, zu wenig für Schulen

„Neukölln hat die Einsparvorgaben des Senats übererfüllt – da hätte ich mir von Buschkowsky mehr Engagement gewünscht“, sagt Biedermann. Zudem habe der Bürgermeister viel Geld in repräsentative Bauten wie das Schloss Britz gesteckt, aber für die Schulen jenseits der Modellprojekte zu wenig getan. „Er hinterlässt alleine im Schulbereich einen Investitionsstau von rund 140 Millionen Euro“, klagt auch Thomas Licher von der Neuköllner Linkspartei.

„Er hatte als Kommunalpolitiker nur begrenzte Möglichkeiten, die von ihm benannten Probleme zu beheben“, gibt Buschkowskys Parteifreund Özkaraca zu bedenken. Ein Bürgermeister sei bei Themen, die ganz Berlin oder die Bundesrepublik betreffen, eben auf Bündnispartner angewiesen.

Sein öffentliches Auftreten nach dem Motto „Sagen, was ist“ sei dafür hilfreich gewesen. Dazu gehöre die Kritik am Betreuungsgeld – von Buschkowsky früh als „Herd-Prämie“ verurteilt – ebenso wie sein Insistieren darauf, dass es sozialen Aufstieg nur durch Bildung gebe. „Mehr als er hat in Deutschland keiner für Kinder mit Migrationshintergrund geleistet“, sagt Özkaraca.

Viele Initiativen, die sich für das Miteinander im Bezirk engagieren, sehen das anders – vor allem seit dem Erscheinen von Buschkowskys Buch „Neukölln ist überall“ vor zwei Jahren, in dem er die problematische Situation von Einwanderern beschreibt. „Ein Groschenroman mit fatalen Wirkungen“ hat Berlins frühere Ausländerbeauftragte Barbara John das Buch genannt.

Das sieht Idil Efe vom „Neuköllner Leuchtturm“ ähnlich: „Sein Neukölln-Bild widerspricht unseren Erfahrungen“. Er habe zudem zwar „Lieblingsprojekte“ gefördert, aber viele andere Engagierte als „Spinner“ dargestellt. Ähnliches sagen auch andere Initiativen. Buschkowsky sei „mehr in Talkshows gewesen, als sich im Bezirk umzuschauen“, sagt Efe. „Das ist Quatsch“, entgegnet SPD-Mann Özkaraca. „Der kennt hier jeden Stein und liebt Neukölln wie kein Zweiter.“

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