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Geht es nach der BVG, soll das Bußgeld kräftig erhöht werden.

© dpa

Initiative gegen Schwarzfahren: Bußgeld soll kräftig steigen

Der Verband der Verkehrsunternehmen fordert eine Erhöhung von 40 Euro auf bis zu 120 Euro. Die BVG will den Regelsatz auf 60 Euro steigern. Politiker halten wenig davon.

Ertappte Schwarzfahrer im Nahverkehr sollen bald mehr Strafe zahlen. Das „erhöhte Beförderungsentgelt“ soll nach dem Willen des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) von 40 Euro auf 60 Euro steigen. Wer innerhalb von zwei Jahren mehrfach erwischt wird, soll 120 Euro lockermachen. Die BVG unterstützt den Vorstoß des Verbandes, zumindest den Regelsatz auf 60 Euro zu steigern, die S-Bahn, die derzeit ganz andere Probleme hat, wollte nichts dazu sagen. Die höhere Summe solle vor allem notorische Schwarzfahrer abschrecken, sagte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. Kulanz fordert er, wenn Fahrgäste irrtümlich keinen oder einen falschen Fahrschein gekauft haben.

Das erhöhte Beförderungsentgelt liegt seit dem 1. Januar 2003 bei 40 Euro. Der Preis einer Monatskarte für das Tarifgebiet ABC (Berlin und Umland) ist seither von 69,50 Euro auf 91 Euro gestiegen. Von den 40 Euro werde kaum ein Schwarzfahrer abgeschreckt, sagte Wolff. Ein zunehmendes Problem sei auch, dass im Internet verstärkt vor Kontrollen gewarnt werde. Damit werde das Schwarzfahren verharmlost.

Der VDV schätzt, dass bundesweit 3,5 Prozent Schwarzfahrer unterwegs sind. Bei der BVG liegt die Quote nach Angaben von Sprecherin Petra Reetz derzeit bei vier Prozent. Ähnlich sieht es bei der S-Bahn aus.

Der Satz, den Fahrgäste ohne Ticket berappen müssen, wird vom Bundesverkehrsministerium nach einer Zustimmung durch den Bundesrat festgelegt. Derzeit gebe es keine Pläne, die Summe zu erhöhen, sagte ein Ministeriumssprecher. Sollte sich unter den Bundesländern aber eine Mehrheit für eine Erhöhung aussprechen, werde man neu nachdenken. Bei der Senatsverkehrsverwaltung sehe man derzeit keinen Handlungsbedarf, sagte Sprecherin Daniela Augenstein.

Auch bei den Fraktionen im Abgeordnetenhaus stößt der Vorstoß zumeist auf Ablehnung. „Statt das Strafgeld zu erhöhen, sollten lieber die Sozialtickets wieder günstiger die dafür zu niedrigen Zuschüsse bei Hartz IV erhöht werden“, sagte Ole Kreins, verkehrspolitischer Sprecher der SPD. „Wenn Schwarzfahren teurer ist, wird das Fahrgäste in sozialer Not auch nicht abschrecken“, sagte Stefan Gelbhaar, Verkehrsexperte der Grünen. Er hält eine Erhöhung „nicht für den richtigen Lösungsansatz“. Das sehen auch die Piraten so. „Allein die Strafverfolgung, also die Kontrolleure, die Prozesskosten und die anschließende Unterbringung von Mehrfachtätern im Gefängnis ist für den Staat enorm kostenintensiv“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer Martin Delius. „Die Not der Menschen, die sich kein Ticket leisten können, wird nicht geringer, indem Strafzahlungen erhöht werden.“ Statt jetzt womöglich mehr zu verlangen, sollte Schwarzfahren vielmehr gar kein Straftatbestand mehr sein, forderte Delius.

Ein Großteil der „Strafen“ kann allerdings ohnehin nicht eingetrieben werden. Fast zwei Drittel der ertappten Schwarzfahrer kommen bei der BVG ungeschoren davon, weil sie das Geld nicht aufbringen können oder wollen. Wer mehrfach aufgefallen ist, muss vor Gericht erscheinen. Weil aber oft auch die folgende Geldstrafe nicht gezahlt wird, landen Schwarzfahrer häufig hinter Gittern. Unter den Inhaftieren, die in Plötzensee eine Ersatzfreiheitsstrafe absitzen, waren zuletzt rund ein Drittel zahlungsunfähige oder -unwillige Schwarzfahrer.

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