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Foto: dapd/Andreas Prost

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Berlin: CDU-Politiker wegen Betrugs zu Bewährungsstrafe verurteilt

Der Unternehmer und Abgeordnete Dirk Stettner soll Behörde getäuscht haben Das Urteil will er nicht hinnehmen – sein Anwalt kündigte Berufung an.

Harte Worte bekam Dirk Stettner, Unternehmer, Abgeordneter und CDU-Mitglied am fünften und letzten Verfahrenstag seines Betrugsprozesses zu hören: Für das Gericht sei er als Chef einer gemeinnützigen Firma „nicht erstrangig am Wohl der behinderten Menschen, sondern an seinem eigenen Wohl interessiert“ gewesen. Das Gericht verurteilte ihn wegen Subventionsbetruges, Insolvenzverschleppung und des Vorenthaltens von Sozialabgaben zu einem Jahr Haft auf Bewährung. Stettners Anwalt reagierte mit harschen Worten: „Das Urteil ist grob falsch“, sagte Dirk Lammert und kündigte Rechtsmittel an.

Die Vorgänge liegen lange zurück. Stettner hatte im Jahr 2004 die gemeinnützige Aktiengesellschaft „Wisowerk“ gegründet. Die Hausbaufirma, in der er Schwerbehinderte beschäftigte, steckte nach kurzer Zeit in Schwierigkeiten. Im Sommer 2006 beantragte Stettner beim Integrationsamt Berlin ein Darlehen von 100 000 Euro. Das Amt gehört zur Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales.

Die Behörde lehnte den Antrag zunächst ab. Wochen später, so hieß es in der Urteilsbegründung, habe der Wisowerk-Chef dem Amt vorgetäuscht, er wolle neue Bereiche aufbauen und weitere Arbeitsplätze für Behinderte schaffen. Zudem sei eine falsche betriebswirtschaftliche Auswertung vorgelegt worden. In einem „merkwürdigen E-Mail-Verkehr“ sei das Wort „schöngerechnet“ aufgetaucht. „Tatsächlich wollte er das Geld für den laufenden Betrieb, um finanzielle Löcher zu stopfen“, befand das Gericht. Obwohl die Wisowerk schon im Herbst 2006 zahlungsunfähig war, sei erst im April 2007 ein Insolvenzantrag gestellt worden.

Für Stettner war das Urteil ein herber Schlag – wie versteinert saß er im Saal. Schon zu Beginn des Prozesses hatte er erklärt: „Ich bin mit meinem Gewissen im Reinen.“ Er habe niemanden betrogen, habe sich nicht bereichert, hätte gar keine Vorteile von einem Betrug gehabt. Doch der Richter teilte scharf aus. Einer Mitarbeiterin, die ihren Lohn zunächst nicht vollständig bekam, habe er erklärt, sie könne ja zum Arbeitsamt gehen. Und ein Fahrzeug, das für Behinderte genutzt werden sollte, sei auf Stettners Anweisung im Wahlkampf zum Plakatieren eingesetzt worden.

Der Subventionsbetrug ist der Hauptvorwurf. Ein Schaden sei dem Land nicht entstanden, doch sei es über die Verwendung der Summe getäuscht worden, sagte der Richter. Stettner hatte gebürgt und den Kredit mit einer Grundschuld abgesichert. Er hat die gesamte Summe zurückgezahlt und will weiter um Freispruch kämpfen. „Es gab keine Zweckentfremdung der Gelder“, sagte der Anwalt. Das Darlehen sei zur Überbrückung eines Liquiditätsengpasses ausgezahlt worden, das sei im Bewilligungsbescheid nachzulesen.

Stettner, der seit September dem Abgeordnetenhaus angehört, hatte vor fünf Monaten Konsequenzen gezogen: Er trat aus der CDU-Fraktion aus, als bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft Anklage gegen ihn erhoben hatte. Das Mandat behielt er. „ Herr Stettner hat mit seiner Entscheidung vor fünf Monaten, aus der CDU-Fraktion auszuscheiden, die Konsequenzen gezogen. Dabei bleibt es“, sagte CDU-Sprecher Thiedemann nach der Urteilsverkündung. Stettner legte gestern den Kreisvorsitz der Pankower CDU nieder. Deren Vorstandsmitglieder Peter Kurth und Gottfried Ludewig erklärten, sie hätten „großen Respekt“ vor Stettners Entscheidung und erwarteten, dass sich die Vorwürfe in der Berufung aufklärten.

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