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Kai Wegner und Friedrich Merz (Montage)

© Foto: Tsp/Nassim Rad

Debatte um Einbürgerungen: Vielleicht braucht die CDU selbst noch einen Integrationskurs „Berlin“

Blinken nach rechts, dann doch wieder abbremsen: Berlins CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner spielt das doppelte Spiel von Parteichef Friedrich Merz mit.

Ein Kommentar von Julius Betschka

Es sind Aussagen, die wirken wie ein Rückfall in die alte Zeit: Damals trat der CDU-Politiker Jürgen Rüttgers eine Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft los. Der Slogan: Kinder statt Inder. Heute spricht CSU-Politiker Alexander Dobrindt wieder vom „Verramschen der Staatsbürgerschaft“, weil die Bundesregierung Einbürgerungen für gut integrierte Menschen, für langjährig Geduldete erleichtern will. Verramschen, das löst was aus im Kopf: Hier der Qualitätsstempel „deutsch“, dort der unwürdige Ausländer.

Berlins CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner glaubt: Dobrindt habe das alles nicht so gemeint. Klare Regeln für Einwanderung wolle er genauso wie Dobrindt, nichts anderes könne dieser im Sinn gehabt haben. Wegner spielt das doppelte Spiel der CDU unter Friedrich Merz zumindest mit: Scharf rechts blinken, dann doch noch abbremsen. Merz hat die Debatte inzwischen wieder runtergekocht. Aber dass ausgerechnet die Hauptstadt-Union Verständnis für diesen Anfall von Rechtspopulismus zeigt?

Wegners Vorgängerin im Amt als Landesvorsitzende, Monika Grütters, positioniert sich ganz anders. Sie begrüßte mit anderen bedeutenden CDU-Bundestagsabgeordneten wie Armin Laschet oder Hermann Gröhe den Vorstoß der Bundesregierung. Wie kann man auch ausgerechnet als Berliner den Schmerz nicht sehen, den ein Wort wie „Verramschen“ bei vielen der 800.000 nicht-deutschen Berlinern auslösen muss? Vielleicht braucht die CDU vor der Wahl selbst noch einen Integrationskurs „Berlin“.

Mit einem Punkt allerdings hat CDU-Chef Wegner Recht: Wer neue Regeln schafft, muss alte erstmal umsetzen. Das geschieht in Berlin noch zu wenig. Weniger als zehn Prozent der Berechtigten beantragen überhaupt den Pass. Die Einbürgerungszahlen stagnieren, Anträge dauern teils mehr als ein Jahr. Das neue Einbürgerungszentrum, das 2024 eröffnen soll, ist aber ein großer Schritt, um das zu ändern.

Der wichtigere Wandel muss im Kopf stattfinden: Berlin ist eine Weltstadt. Der deutsche Pass ist keine Gnade. Die Wirtschaft ist auf Einwanderung angewiesen. Und das Blinken nach scharf rechts stärkt immer die ganz Rechten. Als möglicher Berliner Bürgermeister sollte man das wissen.

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