zum Hauptinhalt
Ein Mann, ein Auto. Harald Ehlert fuhr einst in diesem Maserati und sorgte damit für Skandal.

© Wolfgang Mrotzkowski / dpa

Berlin: Der Maserati brachte ihn ins Schleudern

Der Gründer und frühere Chef der Treberhilfe, Harald Ehlert, steht vor Gericht. Der Vorwurf: Steuerhinterziehung. Er bestreitet alles und lobt sich selbst.

Harald Ehlert blickt in die Kameras. Er strotzt vor Selbstbewusstsein. So kennt man den Mann, der es in Berlin zum wichtigen Sozialmanager brachte – bis er mit dem Dienst-Maserati in eine Radarfalle fuhr und nach heftiger Kritik seinen Chef-Posten bei der Berliner Treberhilfe aufgab. Drei Jahre später steht er nun vor dem Saal 220 im Landgericht und ist voll des Lobes für Harald Ehlert: „Ich habe mich über Jahrzehnte massiv engagiert, um gute Dinge für die Menschen auf den Weg zu bringen.“ Im Saal aber sitzt er später still auf der Anklagebank: Es geht seit Montag um Steuerhinterziehung in Höhe von insgesamt über 600 000 Euro. Gegen Ehlert wird auch wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Das Ergebnis ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft „noch offen“.

Der studierte Pädagoge mit Faible für luxuriöse Fahrzeuge hatte den Maserati 2007 für die Treberhilfe als Firmenwagen angeschafft: eine Nobelkarosse für 140 000 Euro. Jetzt taucht der Wagen immer wieder in der Anklageschrift auf. Geldwerte Vorteile aus seinem Anstellungsverhältnis bei der Treberhilfe e. V. und der Treberhilfe GmbH durch private Nutzung eines Dienstfahrzeugs seien von ihm nicht angegeben worden. Er habe 43 346 Euro an Einkommens- und Lohnsteuern zu wenig gezahlt.

Außerdem wird ihm vorgeworfen, er habe die Selbstlosigkeit der Treberhilfe vorgetäuscht, indem er aus Sicht der Ermittler verschwieg, dass der Wagen auch privat genutzt wurde. So habe er verhindert, dass der Verein die Gemeinnützigkeit verliert. Mehrfach habe er gegenüber dem Fiskus erklärt, dass der Maserati keine „Mittel-Fehlverwendung“ sei, nur betrieblich laufe. Weil er über die „wahren Verhältnisse“ täuschte, seien zugunsten der Treberhilfe Körperschafts- und Gewerbesteuern für 2007 und 2008 in Höhe von 568 000 Euro nicht erhoben worden.

Ehlert trägt Leinenjackett und faltet die Hände. Mal lehnt er sich zurück, mal nickt er seinem Verteidiger zu. Der hat ein „Opening Statement“ vorbereitet. „Wir treten den Vorwürfen entgegen“, kündigt der Jurist an. Ehlert stehe durch das Verfahren „vor den Trümmern von erheblichen Teilen seiner Lebensleistung“. Der Verteidiger lobt Ehlert: Unermüdlich und mit großem Geschick habe er ein erfolgreiches „Sozialunternehmen“ aufgebaut. Die Anklage stütze sich auf Behauptungen, man werde sich mit etwaigen Belastungsmotivationen der Zeugen befassen müssen.

Ende der 80er Jahre begann die Treberhilfe als Obdachlosenprojekt. Sie holte gescheiterte Existenzen von der Straße, kümmerte sich um Jugendliche und Familien in Not. „Sozialfälle“ wurden in Kriseneinrichtungen untergebracht. Dafür zahlten Land und Bezirke. Ehlert kaufte Immobilien und eröffnete in Schöneberg, Neukölln, Wedding, Treptow und Grunewald um die 30 Wohnprojekte und Cafés. Die Treberhilfe betreute zuletzt 3500 Menschen.

Mit dem Wachstum aber war es vorbei, als ein Polizeiradar einen Maserati in Mecklenburg festhielt. Ein Maserati als Dienstwagen? Und immer mehr bizarre Umstände wurden bekannt: Ehlert als Mieter einer pompösen Villa am See, in der seine Firma angeblich Weiterbildung machte. Ehlert mit einem Chauffeur und einem Jahresgehalt von mehr als 300 000 Euro. Der Lebensstil des „Sozialmanagers“ löste eine Debatte über mögliche Fehler in der Branche aus. Im Zuge der Affäre schlossen Diakonisches Werk und der Paritätische Wohlfahrtsverband das Unternehmen aus. Ende 2011 ging die Treberhilfe insolvent. Ihre Arbeit wurde durch die „Neue Treberhilfe“ fortgesetzt.

War der Maserati angemessen? „Ich werde mich differenziert äußern, aber erst vor Gericht“, kontert Ehlert. Und geht erhobenen Hauptes. In der Gerichtsklause will er eine Pressekonferenz geben. Doch er sitzt mit zwei Begleitern einsam da. Wieder die Frage nach dem Maserati. Jetzt wird er konkreter. Wäre die Gemeinnützigkeit weggefallen, hätte dies für ihn gar keine negativen Folgen gehabt, sagt Ehlert. Im Gegenteil. Dann hätte er Gewinne einstecken dürfen. 1,5 Millionen Euro plus habe die Treberhilfe damals gemacht. Da wäre die Steuer bequem drin gewesen. Und für ihn ein satter Gewinn. „Mir wären zweieinhalb Maserati zugefallen“, rechnet er vor. Am 6. September will er aussagen. Kerstin Gehrke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false