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Berlin: Fälscher am Werk

Prozess nach Schwindel mit Gemälden der Künstler Nussbaum und Kippenberger

Ein Autodidakt aus einer kleinen Werkstatt in Berlin griff zum Pinsel und brachte es weit: Ein Gemälde ging für 200 000 Euro an das Felix-Nussbaum- Haus in Osnabrück, ein anderes wurde für 320 000 Euro nach New Jersey verkauft, ein drittes sollte von Sotheby’s und Christie’s in die Herbstauktion 2009 genommen werden. Doch was Jürgen R. da auf den Markt gebracht hatte, war – zumindest in handwerklicher Hinsicht – vielleicht meisterhaft, aber nicht echt.

Nach Kunstexperten sind es nun Richter, die sich mit den „Blüten“ befassen. Fünf Männer und eine Frau sitzen seit gestern vor Gericht. Jürgen R. ist zwar der mutmaßliche Fälscher, von dessen Hand drei vermeintliche Gemälde des Malers Felix Nussbaum (1904–1944) und zwei angebliche Werke von Martin Kippenberger (1953–1997) waren, den großen Reibach aber sollen laut Anklage Kenner des Kunstmarktes gemacht haben: Eheleute aus Berlin, 66 und 63 Jahre alt, ein 41-jähriger Kunsthistoriker aus Schweden und ein 70-jähriger Mann, der derzeit allerdings verhandlungsunfähig ist.

An den ersten falschen Nussbaum machte sich R., eigentlich als Restaurator tätig, den Ermittlungen zufolge im Frühjahr 2007. Öl auf Leinwand. R. kopierte nicht, er erfand. „Stillleben Der Maler Felix Nussbaum“ nannte er das Bild und imitierte die Signatur des jüdischen Künstlers. Am Ende soll Jürgen R. 5000 Euro erhalten haben. Die Vermarktung sei über vier Mitbeschuldigte gelaufen.

Eine Expertin der Nussbaum-Foundation wurde getäuscht. Die Fälschung ging in die öffentliche Sammlung und kam ins Werkverzeichnis. Im Herbst 2007 soll R. den nächsten Auftrag erhalten haben. Wieder tauchte ein bis dahin unbekanntes Werk auf: „Selbstbildnis mit Maske, Handschuh und Fußball“. Es wurde einer Galerie in Mitte angeboten. Man stufte es dort als ein „qualitativ minderwertiges Werk“ ein und lehnte ab. Am Ende ging die Fälschung für umgerechnet 320 000 Euro an einen amerikanischen Sammler.

Eine dritte Nussbaum-Fälschung roch nach frischer Farbe und kam nicht auf den Markt. Jürgen R. soll sich dann – wieder als „Auftragsarbeit“ – mit Kippenberger befasst haben. Erneut imitierte er den Stil und verlieh Namen: „Mann mit VW- Käfer und Krabbe/Ferdinand Porsche“ und „Spielende Kinder vor einem VW-Käfer“. Das Bild mit den Kindern kam nicht gut an, für das mit Mann aber interessierten sich große Auktionshäuser. Doch dann bekam die Polizei einen Tipp. Jürgen R. zeigte sich recht gelassen. „Nussbaum ist schon Königsdisziplin der Malerei“, scherzte er am Rande des Prozesses. Mittwoch sagt er aus. Kerstin Gehrke

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