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Schwere Vorwürfe gegen den neuen Verbraucherschutzsenator Michael Braun. Ein Oppositionspolitiker will ihn jetzt verklagen. Braun soll als Notar nicht im Interesse seiner Klienten gehandelt haben.

© dpa

Falschberatung: Verbraucherschützer will Braun verklagen

Die Berliner Oppositionsfraktionen halten den neuen Verbraucherschutzminister Michael Braun inzwischen für untragbar. Die Opfer der von Braun beurkundeten faulen Immobiliendeals sollen dabei helfen, rechtliche Schritt gegen den CDU-Politiker einzuleiten.

Justiz- und Verbraucherschutzsenator Michael Braun (CDU) gerät wegen seiner Rolle als Notar bei fragwürdigen Immobiliengeschäften immer stärker in die Defensive – sowohl aus der Politik als auch von Verbraucherschützern. In der rot-schwarzen Koalition schwindet inzwischen sein Rückhalt. Und die Grünen erheben schwere Vorwürfe. Angesichts krasser Widersprüche zwischen Brauns Behauptungen im Abgeordnetenhaus und den Aussagen von geschädigten Immobilienkäufern sowie Vertragsunterlagen sagte Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop: „Dass ein Senator offenbar das Parlament belügt, sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen.“ Alle Oppositionsfraktionen halten Braun als Senator inzwischen für untragbar. Braun war am Samstag für Nachfragen nicht erreichbar.

Jürgen Blache von der Schutzgemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger will zunächst anhand dreier Musterfälle juristisch gegen Braun vorgehen. Er sei dabei, sich eidesstattliche Versicherungen der Betroffenen zu beschaffen, um Braun wegen Falschberatung haftbar zu machen und ihn in letzter Konsequenz zivilrechtlich zu verklagen. „Mir ist kein einziger Fall bekannt, wo es so abgelaufen ist, wie Braun im Rechtsausschuss gesagt hat“, sagte Blache am Samstag dem Tagesspiegel. Vielmehr seien die arglosen Interessenten für überteuerte Schrottimmobilien von Braun nicht auf die Tragweite ihres vermeintlich unverbindlichen „Kaufangebots“ hingewiesen, sondern mit schnell vorgelesenem Juristendeutsch überfordert und zur Unterschrift veranlasst worden. Er wisse von einem anderen Notar, „der die Leute deutlich darauf hingewiesen hat, dass sie gerade eine Wohnung kaufen“, sagte Blache. Dieser Notar sei von den dubiosen Vermittlern nie wieder gefragt worden. „Wenn ein Glied nicht funktioniert, funktioniert das ganze System nicht mehr“, resümierte Blache. Er überlege, Geschädigte in den Preußischen Landtag zu holen, damit Braun ihnen von Angesicht zu Angesicht sagen könne, dass er von den dubiosen Praktiken nichts gewusst habe.

Auch die Grünen erwägen laut Rechtspolitiker Dirk Behrendt, Betroffene zu einer Anhörung ins Abgeordnetenhaus einzuladen. Am Montag wolle die Opposition das weitere Vorgehen beraten. Für Klaus Lederer, Landeschef der Linken und in der Fraktion für Verbraucherschutz zuständig, hat sich Braun als Verbraucherschutzsenator selbst dann disqualifiziert, falls er juristisch korrekt gehandelt hat. Denn in diesem Ressort gehe es um den „Schutz der Schwächeren vor jenen Ganoven, die das Recht auf ihrer Seite haben und die die Staatsanwaltschaft deshalb nicht kriegt“. Simon Weiß, Rechtspolitiker der Piraten, hält Braun auch wegen dessen Trennung von Moral und Recht für untragbar. Wer wie Braun moralische Maßstäbe mit Verweis auf mögliche Willkür ablehne, könne nicht Verbraucherschutz verantworten.

Solange Braun juristisch keine Verfehlung nachgewiesen ist, überlässt der Regierende Klaus Wowereit (SPD) den Fall seinem Koalitionspartner CDU. Deren Parteichef Frank Henkel blieb am Samstag dabei, dass bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung gelte. Jedoch ist in der CDU inzwischen von einem dauerhaften Glaubwürdigkeitsproblem die Rede. Auch in der SPD nimmt das Unverständnis zu. Die SPD-Verbraucherschutzexpertin Irene Köhne sagte, als Justizsenator könne Braun wohl moralische Maßstäbe ablehnen. Aber „aus verbraucherpolitischer Sicht ist das schwierig“. Sollte Braun das Amt behalten, „sehe ich da ein Problem“.Stefan Jacobs

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