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Freispruch: Messerstecherei in Neukölln bleibt ungeklärt

Weil sich eine junge Frau verliebte, kam es zu einer Familienfehde, die in einer Messerstecherei endete. Die sollte nun vor Gericht geklärt werden. Doch das Urteil lautet Freispruch und bringt keine Klärung.

Eine junge Frau schlich sich aus dem Elternhaus. Sie hatte sich für einen Mann aus einer anderen bosnischen Familie entschieden. Das aber sorgte für eine Fehde, die mit einer Messerstecherei auf offener Straße endete. Im Gerichtssaal sollten sich am Dienstag die mutmaßlichen Täter und Opfer gegenübersitzen. Angeklagt waren Vater und Sohn. Der Jüngere galt als Haupttäter. Er soll einen Kontrahenten durch einen gezielten Stich gegen den Kopf verletzt haben.

Die angeblichen Angreifer aber wirkten gelassen. Schweigend hörten sie dem Staatsanwalt zu. Die Ermittler gingen im Falle des 23-jährigen Sohnes zunächst von versuchtem Totschlag aus. Er habe den Hinterkopf des Opfers getroffen. Die Wunde war acht Zentimeter lang. Der angebliche Messerstecher aber soll sich im Gerangel selbst schwer verletzt haben: Er trennte sich laut Anklage den kleinen Finger der rechten Hand ab.

Vater und Sohn sind gebürtige Bosnier, haben die schwedische Staatsbürgerschaft und einen Wohnsitz in Neukölln. Sie sollen mit der Wahl der Tochter und Schwester nicht einverstanden gewesen sein. Eine Aussprache der Familien wurde vereinbart. Am 9. April 2009 traf man sich vor einem Café in Neukölln. Es war gegen 18 Uhr, als es plötzlich laut und gewalttätig wurde. Mitglieder beider Familien sollen sich auf der Straße befunden haben. Doch die Angaben von Zeugen und Beteiligten waren bereits kurz nach der Messerstecherei knapp.

Der Mann mit der Kopfverletzung ist inzwischen nicht mehr auffindbar. Nur einer seiner Brüder, 26 Jahre alt und derzeit wegen einer anderen Sache in Haft, kam um eine Befragung nicht herum. Unwillig war er und erklärte: „Wir haben uns versöhnt, wir wollen keinen Krieg.“ Sein Bruder sei mit jener Frau verheiratet, „sie leben ihr Leben“. Und an den Streit erinnere er sich nicht. Alle Juristen waren sich nach nur drei Stunden einig: Der Fall kann nicht weiter geklärt werden. Vater und Sohn wurden freigesprochen. Kerstin Gehrke

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