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Das Brandenburger Tor leuchtet am 20.12.2016 in Berlin nach dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in den deutschen Nationalfarben.

© dpa

Gedenken an die Terroropfer in Berlin: Mehr Reflex als Trauerritual

Nach einem Terroranschlag wird das Brandenburger Tor angestrahlt. Aber wird in Berlin der Opfer angemessen gedacht?

Am Montag war das Brandenburger Tor erneut ein Ort des Gedenkens. Rot-weiß angestrahlt, zeigte es die Flagge der Türkei, um Solidarität mit den Menschen in Istanbul zu zeigen, deren Stadt in der Nacht zu Neujahr erneut Ziel eines schweren Terroranschlags geworden war. Nur knapp zwei Wochen zuvor hatte das Tor in den Farben Deutschlands und Berlins geleuchtet; der Terror hatte am Vorabend die deutsche Hauptstadt erreicht. Auch hier waren Menschen gestorben.

Mitten im Zentrum Berlins ist es ein symbolhafter Ort

Das Brandenburger Tor ist sicher ein würdiges Bauwerk, um durch die Illumination Trauer und Gedenken öffentlich Ausdruck zu verleihen. Mitten im Zentrum Berlins ist es ein symbolhafter Ort, an dem man sich versammeln, gemeinsam trauern kann. Aber nicht nur durch die schnelle zeitliche Abfolge stellt sich inzwischen ein Gefühl ein, dass das alleine nicht reicht, dass die Beleuchtung des Tores eher wie ein Reflex wirkt als wie ein wichtiges Ritual. In ihrer transparenten Schönheit wirkt die Lichtinstallation wie eine flüchtige Erscheinung ohne große Bedeutung. Der Projektor mit den farbigen Folien wird mit Einbruch der Dunkelheit eingeschaltet und nach der Nacht wieder aus-. Das war es.

Nach dem Anschlag in Berlin gab es einen Gottesdienst

Als Solidaritätsgeste mit Opfern der Anschläge in anderen Ländern mag das gerade genügen – auch wenn die Nationalfarben allein auf den Ort Bezug nehmen. Aber nicht nach einem Anschlag in der eigenen Stadt, in der die Todesfahrt des islamistischen Täters Anis Amri zwölf Menschen das Leben kostete. Wurde ihrer angemessen gedacht in Berlin? Neben dem beleuchteten Tor gab es einen Gottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, zu dem Repräsentanten des Landes und der Stadt kamen. Direkt am Abend nach dem Anschlag. Zu diesem Zeitpunkt waren weder alle Opfer identifiziert, noch stand fest, ob nicht weitere Menschen an ihren Verletzungen sterben würden.

Von den Berliner Toten weiß man nichts

Danach herrschte offiziell Stille. Die Öffentlichkeit erfuhr nur sehr wenig. Von den Berliner Toten weiß man gar nichts. Man weiß nicht, ob sie vielleicht in Mitte, Spandau oder Marzahn zu Hause waren. Nicht einmal die genaue Zahl der Berliner nennt der Senat. Und beruft sich auf den Datenschutz, der für die Toten und ihre Angehörigen gelte. Natürlich möchte niemand diese einer sensationsheischenden Meute preisgeben. Aber die komplette Anonymität macht es der Öffentlichkeit schwer, um die Opfer zu trauern. Dabei will sie Anteil nehmen, wie auch die privaten Spenden für die Hinterbliebenen zeigen.

Ein weiteres offizielles Gedenken in einem würdevollen Rahmen ist nicht geplant. Anders war es in Polen. Die Beisetzung des von Amri ermordeten Lastwagenfahrers glich einer nationalen Trauerfeier. Hier in Berlin ist Leere.

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