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Drei Angeklagte am zweiten Prozesstag am 23.05.2013 um die tödliche Prügelattacke gegen Jonny K. Im Schwurgerichtssaal 700 des Landgerichts Berlin sitzt auch Jonnys Schwester Tina K.

© Soeren Stache/ dpa

Jonny K.-Prozess zunächst geplatzt: Drei Verdächtige sind wieder auf freiem Fuß

Der Prozess um die tödliche Prügelattacke auf Jonny K. am Alexanderplatz scheitert im ersten Anlauf, weil eine Boulevardzeitung einen Schöffen mit Äußerungen zur Verhandlung zitiert. Nun wurde drei Verdächtigen Haftverschonung gewährt.

Der Prozess um die tödliche Prügelattacke auf den 20-jährigen Jonny K. muss neu aufgerollt werden. Im Eklat um einen Schöffen sagte der Vorsitzende Richter am Montag, die Kammer gehe davon aus, dass das Verfahren in der ersten Besetzung nicht fortgesetzt werden könne. „Vier Tage konstruktiver Verhandlung sind hinfällig geworden“, sagte Richter Helmut Schweckendieck. Das offizielle Aus für den ersten Anlauf des Prozesses vor dem Berliner Landgericht wird er vermutlich im Laufe des Vormittags verkünden. Dass das Verfahren eine derartige Wendung genommen habe, sei „in höchstem Maße bedauerlich, ärgerlich und extrem belastend“, sagte Schweckendieck. Einen Neustart könnte es bereits am kommenden Donnerstag geben. Bis dahin will das Gericht zwei neue Schöffen berufen und diesmal auch Ersatzschöffen, sollte es weitere Befangenheitsanträge geben.

Unterdessen gewährte das Gericht drei der Tatverdächtigen Haftverschonung wegen Unverhältnismäßigkeit. Sie hatten bereits acht Monate in Untersuchungshaft verbracht und die Verzögerung nicht selbst verschuldet, begründete das Gericht. Die Hauptverdächtigen Onur U. und Bilal. K bleiben hingegen in Haft.

Der Eklat hatte sich nach einer angeblichen öffentlichen Äußerung des Schöffen zugespitzt. Er habe den Laienrichter vor Beginn des fünften Verhandlungstages mit dem Artikel in einer Boulevardzeitung konfrontiert, sagte Richter Schweckendieck. Der Schöffe habe ihm gegenüber erklärt, dass er nicht mit der B.Z. gesprochen und  auf die Pressestelle verwiesen habe. Die Verhandlung wurde zunächst für eine halbe Stunde unterbrochen. In der Zwischenzeit hatte sich ein Gerichtssprecher mit der Zeitung in Verbindung gesetzt. Der Journalist habe bestätigt, dass sich der Schöffe ihm gegenüber wie in dem Artikel zitiert geäußert habe, sagte der Sprecher. Damit steht Aussage gegen Aussage. Doch die Besorgnis der Befangenheit dürfte da sein, sagte der Richter. 

Die Verteidigung hatte den ehrenamtlichen Richter am Donnerstag als befangen abgelehnt. Er hatte zuvor einen offensichtlich umwilligen Augenzeugen, der sich angeblich nicht mehr an seine Beobachtungen in der Tatnacht erinnern konnte, gefragt: „Sind Sie zu feige, eine Aussage zu machen, oder wollen Sie das Gericht verarschen?“ Nachdem die Verteidiger einen Befangenheitsantrag stellten, wollte das Gericht am Donnerstag, dem sechsten Verhandlungstag, darüber entscheiden. Dies hat sich nun erübrigt. In der B.Z. wurde der Schöffe am Montag mit Äußerungen zum Vorfall im Prozess zitiert: „Ich habe doch nur gesagt, was ich denke.“ Zudem soll er gegenüber einem Reporter der Zeitung erklärt haben, dass er sich für die Wortwahl entschuldigt habe. Er sei nicht befangen.

Auf der Richterbank sitzen drei hauptamtliche und zwei Laienrichter. Es wird ohne Ergänzungsrichter und damit ohne möglichen Ersatz verhandelt. Fällt einer der Richter aus, muss von vorn begonnen werden, denn wer urteilt, muss die komplette Beweisaufnahme erlebt haben. 

Jonny K. war laut Anklage in der Nacht zum 14. Oktober mit wuchtigen Schlägen und Tritten so attackiert worden, dass er stürzte und auf die Straße aufprallte. Er starb einen Tag später an Hirnblutungen. Die sechs Angeklagten im Alter von 19 bis 24 Jahren haben ihre Beteiligung an der Schlägerei zugegeben, wiesen aber alle eine Schuld am Tod des Schülers von sich. Die Staatsanwaltschaft wirft vier Männern Körperverletzung mit Todesfolge vor, zwei müssen sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten.

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