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Ordnung muss sein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kiezstreifen sollen mehr Befugnisse bekommen, da sind sich die Koalitionäre in spe einig.

© Heinrich

Koalitionsverhandlung: Mehr Sicherheit als neue Gemeinsamkeit

In der dritten Runde der Koalitionsgespräche einigten sich Wowereit und Henkel über viele Streitfragen. So soll es 250 Polizisten mehr in Berlin geben. Aber drei Punkte bleiben dennoch offen.

Entspannt bei leichten Dissensen: So lässt sich die dritte Runde der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU zusammenfassen. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und CDU- Landes-und Fraktionschef Frank Henkel einigten am Freitag Abend über die Leitlinien der Sicherheits- und Innenpolitik einer möglichen rot-schwarzen Koalition. Die Polizei soll 250 Stellen mehr im Vollzugsdienst bekommen – also weitere 50 zu den 200 Stellen, die Wowereit nach diversen Gewalttaten auf U-Bahnhöfen versprochen hatte, so dass es dann 16 410 Stellen im Vollzugsdienst werden. Bei der Video-Überwachung im Bereich der BVG sollen die Aufzeichnungen für 48 statt für 24 Stunden gespeichert werden. Es soll stadtweit „Fußstreifen in Kontaktbereichen“. Sehr zufrieden sagte Henkel nach der Runde mit Wowereit: „Wir haben den festen Willen heute artikuliert – mehr Polizei auf der Straße.“ Genau das haben die CDU ihren Wählern versprochen.

Anders als in den beiden Runden zuvor blieben am Freitag indes ein paar Streitpunkte ungeklärt. Zur „Personalie Polizeipräsident“ sagte Henkel nur, er habe „zu Protokoll gegeben“, was er dazu denke. Am Dienstag hatte der Senat – zum Ärger vieler in der CDU – Udo Hansen als neuen Polizeipräsidenten benannt. Das war nicht gerade der Favorit der CDU – was zusätzliche Bedeutung bekommen könnte, sollte sich Henkel dazu entschließen, in einer rot-schwarzen Koalition Innensenator zu werden. Am Freitag Abend zeigte er, dass er den Streit nicht weiter treiben will. Hansens Ernennung sei ein „schwebendes Verfahren“ so Henkel – möglicherweise wird Hansens Konkurrent Klaus Keese abermals klagen. Dazu sage er nichts weiter, so Henkel. Und ergänzte, er wolle jetzt keinen zukünftigen Polizeipräsidenten „belasten“. So klingt Kompromissbereitschaft.

Ungeklärt im „Dissens“ stehen indes drei Punkte: Die – noch von Polizeipräsident Dieter Glietsch eingeführte – Kennzeichnungspflicht für Polizisten. Sie sollen Schilder tragen, auf denen ihr Name oder eine Nummer zu lesen ist. Dagegen haben die Polizeigewerkschaften und vermutlich viele Polizisten etwas. Henkel brachte als Alternative eine „rotierendes Nummernsystem“ ins Gespräch. Damit wäre der Polizist hinter der Nummer nur über die entsprechenden Listen in der Direktion zu identifizieren.

„Streitig gestellt“, wie die Unterhändler das nennen, sind das Ausländerwahlrecht und die so genannte Optionsregelung in Sachen Staatsbürgerschaft. Beim Ausländerwahlrecht, in der SPD erwünscht, in der CDU verpönt, könnten sich beide auf die Bundespolitik herausreden. Die Option, sich mit 18 nicht für eine, sondern für eine doppelte Staatsbürgerschaft zu entscheiden, will Henkel „nicht generell“. Aber das klang nicht nach Kampfansage. Wowereit sagte zu den Streitpunkten: „Da sind die Unterschiede zwischen beiden Parteien sehr deutlich.“

So wenig wie der CDU-Chefverhandler war der Vormann der SPD auf Ärger aus und bilanzierte ganz konsensbetont: In der Innenpolitik gehe es um „die Verbindung von Freiheit und Sicherheit – das ist kein Gegensatz, das muss zusammen sein“, sagte Wowereit. Und stellte dann ein paar Punkte vor, die seinen Parteifreunden wichtig sein dürften. Man wolle sich gemeinsam für ein NPD-Verbot einsetzen. Man halte mit Blick auf den 1. Mai am Prinzip der Deeskalation und der ausgestreckten Hand fest. Man wolle eine „vernünftige Politik“ im Umgang mit Asylbewerbern. Da gibt es eine Verständigung mit Brandenburg darauf, dass die eigentlich gültige Residenzpflicht nicht gegen Menschen durchgesetzt wird, die es ohnehin schwer haben.

Alles andere, was in den dreieinhalb Stunden besprochen wurde, ließ sich – so klangen Wowereit und Henkel jedenfalls am Freitag Abend, sowohl sozial- als auch christdemokratisch formulieren. Ein bisschen CDU-Kante: Der „Unterbringungsgewahrsam“ – spricht: der Arrest für Jugendlichen zur Verhinderung von Straftaten – soll laut Henkel von zwei auf vier Tage verlängert werden können. Henkel erläuterte zudem, man wolle die Ordnungsämter „stärken“: Deren Bedienstete sollen die unterschiedlichsten „Normen“ überwachen dürfen. Sie sollen Knöllchen schreiben und zwischendurch auch die Schneebeseitigung kontrollieren können. In Sachen Linksextremismus rückte der CDU-Mann sanft von der orthodoxen Linie ab: Man wolle „Foren über linksextreme Gewalt“ organisieren - und je nach deren Ergebnissen womöglich ein Landesprogramm gegen Linksextremismus auflegen.

Wowereit honorierte das mit Bemerkungen wie, es gebe keinen Dissens im Kampf gegen den Extremismus. Von der Videoüberwachung gefährlicher Orte, eigentlich ein CDU-Projekt, verabschiedeten sich die Unterhändler, indem Wowereit sagte, es gehe den möglichen Koalitionären darum, „die Freiheitsrechte zu verteidigen“. Man wolle nicht die „Liberalität dieser Metropole“ einschränken.

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