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Lauschangriff im Bezirksamt: Stadtrat droht die Abwahl

Weil er eine interne Besprechung heimlich aufgezeichnet haben soll, steht der Linken-Politiker Norbert Lüdtke, Bezirksstadtrat für Ökologische Stadtentwicklung in Marzahn-Hellersdorf, vor dem Verlust seines Amtes.

Alle Fraktionen, auch die Linke, brachten am Donnerstagabend einen gemeinsamen dringlichen Antrag in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ein, in dem sie Lüdtkes Abwahl fordern. Nach Angaben von Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) wurde außerdem ein Disziplinarverfahren gegen Lüdtke eingeleitet. Die BVV tagte am Donnerstag planmäßig, zuvor kamen die Mitarbeiter des Bezirksamtes zu einer Sondersitzung zusammen.

Das, was Stefan Komoß, Bezirksschulstadtrat und SPD-Vorsitzender von Marzahn-Hellersdorf, „aufs Äußerste erschütternd“ nennt, ereignete sich am Montagabend im Bezirksamt. Bürgermeisterin Pohle, Wirtschaftsstadtrat Christian Gräff (CDU), der CDU-Abgeordnete Mario Czaja und Norbert Lüdtke waren in Lüdtkes Büro zusammengekommen, um über den umstrittenen Bebauungsplan für ein Einkaufzentrum an der Hönower Straße in Mahlsdorf zu sprechen. Das Gespräch sei sachlich verlaufen, berichtete Gräff dem Tagesspiegel. Bis zu jenem Moment, in dem ein Diktiergerät zu Boden fiel – es hatte, versteckt hinter einer Bezirkskarte, auf der Ablage einer Magnettafel gelegen. Lüdtke habe das Gerät eingesteckt, alle Teilnehmer seien entsetzt, die Besprechung wenig später beendet gewesen.

„Wir haben deshalb Strafanzeige gestellt“, sagte Gräff. Über die Gründe für Lüdtkes Verhalten wollte Gräff nicht spekulieren. In einer Pressemitteilung der CDU heißt es, Lüdtke habe zunächst behauptet, er habe das Gerät wegen eines „Kunstprojektes“ bei sich gehabt – eine offensichtlich falsche Aussage. Das Bezirksamt bewerte den Vorfall als möglicherweise „gravierend“ und werde zur schnellen Aufklärung beitragen, sagte Bürgermeisterin Pohle in der BVV.

Lüdtke selbst war am Donnerstag nicht zu erreichen und nach Auskunft seines Sprechers „nicht verfügbar“; an der BVV-Sitzung nahm er nicht teil. Klaus-Jürgen Dahler, Fraktionschef der Linken, sprach am Rande der Sitzung von einem „menschlich-tragischen Fall“. Über den Abwahlantrag wurde am Donnerstag in erster Lesung beraten, im Mai soll eine Entscheidung fallen.

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