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Anschläge: Die Autos brennen - die Ermittler streiten

Nach der Freilassung einer mutmaßlichen Brandstifterin kritisieren sich Polizei und Justiz gegenseitig: War die Anklage nicht hart genug, oder die Arbeit der Polizei zu oberflächlich? Derweil brennen wieder Fahrzeuge.

Nachdem in der Nacht zu Montag eine 21-jährige mutmaßliche Auto-Brandstifterin in Friedrichshain gefasst worden war, streiten sich die Ermittler um die Freilassung der Verdächtigen. Während die Polizei dem zuständigen Ankläger mangelnde Härte vorwirft, klagt die Staatsanwaltschaft über oberflächliche Arbeit der Polizei. Derweil hat es in der Nacht zu Dienstag erneut mehrere Brandanschläge auf Luxuswagen gegeben.

In Altglienicke sah ein Anwohner gegen 0.40 Uhr in der Preußenstraße einen angezündeten Mercedes. 20 Minuten später brannte in der Friedenstraße in Friedrichshain ebenfalls ein Mercedes. Wiederum 40 Minuten danach standen in der Wielandstraße in Schöneberg ein Mercedes und 25 Meter entfernt, in der Wilhelm-Hauff-Straße, ein BMW in Flammen. Dabei wurden zwei daneben geparkte Wagen beschädigt. Die Polizei geht bei allen Taten von einem politischen Motiv aus, daher ermittelt der Staatsschutz.

Auffällig ist, dass die Tatorte diesmal auch in „untypischen Bezirken“ wie Altglienicke oder auch Schöneberg liegen. Eine gezielte „Racheaktion“ anderer linker Aktivisten nach der Festnahme der 21-jährigen Alexandra R.? „Wir gehen erst einmal nicht davon aus, dass die Taten als Resonanz erfolgten“, sagte Polizeisprecher Thomas Goldack. Sicher könne man das nur sagen, wenn ein Bekennerschreiben vorliegt. Der Staatsschutz ermittele zunächst grundsätzlich bei jedem Autobrand, wo auch nur ansatzweise von einem politischen Motiv ausgegangen werden kann. Bestätigt sich der Verdacht nicht, werde der Fall an ein Brandkommissariat abgegeben.

Unterdessen ist die Stimmung innerhalb der Polizei angespannt. Wie es aus Polizeikreisen hieß, seien etliche Ermittler „enttäuscht und deprimiert“ über die Entscheidung des Staatsanwalts, Alexandra R. wieder laufen zu lassen. Die Frau ist bereits mehrfach durch politisch motivierte Taten in Erscheinung getreten. Nach Tagesspiegel-Informationen soll sie unter anderem in der Walpurgisnacht 2008 in Hamburg Steine auf Polizisten geworfen haben. Zwar wird gegen sie weiterhin wegen versuchter Brandstiftung ermittelt, denn auch der Versuch einer solchen Tat ist strafbar.

Doch für einen Haftbefehl hätten die Erkenntnisse laut Staatsanwaltschaft nicht gereicht, weil „kein dringender Tatverdacht“ vorlag, sagte Justizsprecher Michael Grunwald. Dieser hätte beispielsweise dann vorgelegen, wenn die Beamten eindeutig gesehen hätten, dass die Frau den Grillkohleanzünder auf den Reifen gelegt hat. Das Auto hätte dazu nicht einmal brennen müssen. Sie sei jedoch nur in rund 20 Metern Entfernung gesehen worden. Zudem hätten für einen Haftbefehl entscheidende Spuren gefehlt.

Einige Ermittler hingegen glauben, dass bei der Spuren- und Erkenntnislage ein anderer Staatsanwalt durchaus die Vorführung beantragt hätte. „Es spricht eben einiges für die Verdächtige, aber auch einiges gegen sie“, sagte ein Beamter. Fraglich sei, „ob da wirklich alle Register gezogen worden sind“, sagte er. Diesen Vorwurf lässt die Staatsanwaltschaft nicht auf sich sitzen. Aus Justizkreisen hieß es: „Die Polizei hat es versäumt, zügig sinnvolle Ermittlungsschritte durchzuführen und die Justiz umfassend zu informieren.“ Man habe den Staatsanwalt nur kurz mündlich und nicht vollständig in Kenntnis gesetzt und eine schnelle Entscheidung gefordert, ob die Frau vorgeführt wird oder nicht. Dabei hätten die Ermittler 24 Stunden Zeit gehabt, in Ruhe Spuren zu sichern oder auch eine Wohnungsdurchsuchung bei der Frau durchzuführen. Tanja Buntrock

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